Sehr verehrte Damen und Herren,
Zunächst möchte ich der ÖVG und insbesondere Prof.Dr. Faller für die Einladung zum
heutigen Symposium und für die gebotene Möglichkeit, die heutigen und künftigen
Entwicklungen im Hafen Antwerpen zu erläutern, danken.
Vorerst möchte ich Ihnen gerne die Lage des Hafens Antwerpen kurz skizzen. Stadt und
Hafen Antwerpen befinden sich etwa 800 Km nordwestlich vom Bodensee und zirka 90 Km
östlich der Nordsee, dem Fluss - der Schelde nämlich - entlang.
Der Hafen dehnt sich heute auf beiden Ufern der Schelde über ein etwa 17.000 Ha grosses
Gelände aus. Er verfügt über grosse, moderne Hafenbecken von Tiefkaianlagen versehen, die
insgesamt ungefähr ein Viertel des Gesamthafenareals beschlagnahmen.
Was die Hafenzugänglichkeit anbelangt, bürgt die flämische Regierung infolge ständiger
Baggerarbeiten auf der Schelde für einen tidenfreien Tiefgang von 13 M. Dies entschliesst
heute alle bis 6.000 TEU beladenen Containerschiffe. Da die Scheldemündung aber infolge
des 1839 abgeschlossenen Londoner Vertrages auf holländischem Hoheitsgebiet liegt, ist
jeder weitere Dezimeter (!) tatsächlich mit der holländischen Regierung zu verhandeln.
Was die Befahrbarkeit der einzelnen Seeschleusen und Docks betrifft, ist der Hafen dem
Verkehr von Ozeandampfern bis 250.000 T Tragfähigkeit gewachsen.
Die Schelde und die Kanalanbindungen zum Hinterland ermöglichen einen jährlichen
Verkehr über die Binnengewässer von 70 Mio T. (im Vorjahr sogar 72 Mio. T!)
Überdem ist der Hafen ebenfalls über die Schienen mit seinem europäischen Hinterland
der Zufriedenheit seiner Kundschaft gemäss verbunden. Es sind von der belgischen
Eisenbahngesellschaft im Laufe der Zeit um und rund 1.000 Km Gleise im Hafengebiet
angelegt worden. Jeder einzelne Hafenbetrieb, ob Stauerei, Lagerungsgesellschaft oder halt
Industrieanlage, wird unmittelbar über die vorhandene Infrastruktur mit dem belgischen und
darüber hinaus mit dem europäischen Netzwerk verbunden. Kein Wunder dass im
vergangenen Jahr wieder über 24 Mio T verschiedenster Güter über die Schienen zum und
vom Hafen transportiert worden sind. Antwerpen bleibt nach wie vor der erste Bahnhafen
Europas, vor Hamburg (mit zirka 22 Mio T Bahnverkehr) und weit vor Rotterdam mit
beziehungsweise nur 13 Mio T Bahnfracht.
Ansonsten ist vor allem in den frühen siebziger Jahren in und rund Antwerpen eine jeweils
fünfspurige Umgehungsstrasse mit Anschluss an den unterschiedlichen europäischen
Fernstrassen, E-19, Amsterdam - Paris, E - 17, Stockholm - Lissabon, E- 313, Antwerpen -
Aachen, E - 314, Antwerpen - Ruhrgebiet, usw. gebaut worden. Man kann davon ausgehen
dass der LKW-Verkehr im Hafen Antwerpen gut und gerne ein Drittel des
Gesamtseegüterverkehrs ausmacht.
Im Containerbereich ist der Anteil des Fernstrassenverkehrs sogar noch bedeutender!
Diese intermodale Anbindung des Hafens an sein ausgedehntes europäisches Hinterland ist
absolut erforderlich wenn wan betrachtet dass der Transito-verkehr über die Hälfte des
Antwerpener Gesamtseegüterverkehrs ausmacht.
Der Hafen Antwerpen ist der zweitgrösste Hafen Europas. Im Vorjahr wurden knapp 130 Mio
T Seegüter im Hafen umgeschlagen, was ein Rückgang von 0,37% 2000 gegenüber bedeutet.
Flüssigladung nahm davon 34,4 und trockene Bulkladung 27,2 Mio T ein. Diese Angaben
weisen darauf hin dass die für Antwerpen traditionelle Stückgutladung unwiderlegbar die
wichtigste Güterart mit über 68 Mio T bleibt wovon 46,5 Mio T vollcontainerisiert war.
Es wurden im Hafen quasi 4.200.000 TEU umgeschlagen. Auch im Laufe der ersten vier
Monate dieses Jahres wächst der Antwerpener Containerverkehr immerzu weiter und
zwar um 13% im Vergleich zum Jahresbeginn 2001.
In der Absicht auch im nächsten Jahrzehnt dem ansteigenden Seecontainerverkehr gewachsen
zu bleiben, baut die flämische Behörde zusammen mit dem Hafenbetrieb Antwerpen ein
Gezeitenbecken auf dem linken Ufer der Flusses. Rund um das Becken, das ohne Schleuse
unmittelbar für die grossen Containerfrachter erreibar wird, stehen etwa 255 Ha Gelände für
das Fertigstellen, Stapeln, Ent- und Beladen von Containern zur Verfügung.
Wir gehen davon aus dass die bisherigen Pachter wie MSC, Canadian Pacific,
beziehungsweise PSA und P&O die inzwischen schon einen Mietsvertrag mit dem
Hafenbetrieb Antwerpen unterschrieben haben, in den nächsten zehn Jahren 5 bis 6 Mio
hinzukommende TEU an Ort und Stelle umschlagen werden.
Der Hafen Antwerpen ist auf dem rechten Ufergebiet des Flusses schon seit den achtziger
Jahren vollgebaut. Die Kernfunktionen für die zukünftige Entwicklung des Hafens auf dem
linken Ufer der Schelde, in einem Zeitraum bis etwa 2030, wurden bereits in einen zu diesem
Zweck strategischen Plan wiedergegeben. Am 29. april 1999 wurden die Grundrisse dieses
Planes festgelegt und ein neues delikates Gleichgewicht zwischen den unterschiedlichen
Funktionen des betreffenden Gebietes ausgearbeitet. Dabei handelt es sich um den
wirtschaftlichen Ruf des Hafens: die Lebensqualität der Anwohner; die Landwirtschaft und
den Naturwert. In dieser strategischen Planung wird im übrigen anerkannt dass von den
soeben erwähnten Funktionen (d.h. Ökonomie, Wohnfunktion, Agrarwirtschaft, Natur,
Freizeit, usw.) der Hafen auf dem linker Ufer des Scheldegebietes der, bzw. 'die wichtigste
ist.
Diese Wahl wird durch die zur Zeit bekannten Daten, wie z.B. eine Arbeitsbeschäftigung von
etwa 59.000 direkten Arbeitsplätzen im Hafen und einen jährlichen Mehrwert vom Hafen der
belgischen, flämischen, bzw. städtischen Wirtschaft gegenüber in Höhe von ungefähr 6 Mrd
Euro belegt.
Und jetzt zum Thema "Port Package" und dem Vorschlag der EU Kommission zur
Verbesserung der Dienstequalität in den Seehäfen.
Im Rahmen der heutigen betreffenden europäischen Verordnungen gibt es hauptsächlich zwei
verschiedene Berichte angesichts der Hafenpolitik und -verwaltung, nämlich das Weissbuch
über "Die europäische Transportpolitik bis 2010" und den Vorschlag der Kommission zur
Richtlinie bezüglich des Marktzuganges für Hafendienstleistungen (Port Package genannt).
Es gibt drei Abschnitte:
- Seehäfen und TEN-T (Transeuropean Networks);
- Marktzugang für Hafendienstleistungen;
- Finanzierung aus öffentlicher Hand und Seehäfen
Es gibt zwei Beilagen:
- den Vorschlag für eine Richtlinie angesichts des Marktzuganges für Hafendienste;
- den Bericht der Kommission in bezug auf öffentliche Finanzierung und Tarifierung im
Seehafensektor in der Europäischen Union.
Einer gemeinschaftlichen europäischen Verkehrspolitik für die Zukunft sieht der Hafen
Antwerpen mit grossem Interesse entgegen wenn man betrachtet das das Weissbuch
"Wettbewerb, Wachstum und Beschäftigung" von 1993 bereits folgende beunruhigende
Warnung enthielt: "Verkehrsstaus kosten nicht nur Nerven, sondern auch Produktivität.
Engpässe und fehlende Bindeglieder in der Infrastruktur, Schwachpunkte bei der
Interoperabilität zwischen Verkehrsträgern und -systemen sowie fehlende Schnittpunkte
zwischen zu vielen in sich geschlossenen und weit verstreuten Telekommunikationssystemen:
Die Netze sind durch den Binnenmarkt überfordert. Dies zeigt sich in einer geringeren
Wettbewerbsfähigkeit und darin, dass Chancen, neue Märkte zu erschliessen, verpasst und
weniger Arbeitsplätze geschaffen werden, als uns möglich wäre.
Wenn auch der Grossteil der Engpässe die Städte betrifft, ist doch das transeuropäische
Verkehrsnetz ebenfalls chronisch überlastet: auf den Strassen kommt es auf einer Länge von
7500 Kilometern, also auf 10% des Netzes, täglich zu Staus. 16.000 Kilometer des
Eisenbahnnetzes, also 20% des Netzes, gelten als Engpässe.
Die Überlastung gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft ernsthaft.
Der jüngsten Studie zu diesem Thema zufolge belaufen sich die externen Kosten der
Verkehrsüberlastung im Strassenverkehr alleine auf rund 0,5% des BIP der Gemeinschaft.
Den Verkehrsprognosen bis 2010 zufolge dürfte die Überlastung des Strassenverkehrs
erheblich zunehmen, wenn nichts dagegen getan wird. Die Kosten der Staus dürften daher um
142% (auf 80 Mrd. Euro im Jahr) ansteigen, was rund 1% des BIP der Gemeinschaft
ausmacht.
Die chronische Überlastung ist teilweise darauf zurückzuführen, dass die Verkehrbenutzer
nicht immer und überall für die Kosten aufkommen, die sie verursachen. Im Allgemeinen
berücksichtigt die Preisstruktur die Infrastruktur-, Überlastungs-, Umweltbelastungs- und
Unfallkosten nicht in vollem Umfang. Ursache dafür ist u.a. das schlecht organisierte
europäische Verkehrssystem und gleichzeitig die nicht optimale Nutzung der Verkehrsträger
und neuer Technologien.
Im Güterverkehr ist der Zuwachs grösstenteils auf die Veränderungen der europäischen
Wirtschaft und des Produktionssystems zurückzuführen. In den letzten 20 Jahren erfolgte eine
Umstellung von einer lagerhaltungsorientierten Wirtschaftsweise auf eine
produktionssynchron belieferte Wirtschaft. Verstärkt wurde dieses Phänomen durch die
Abwanderung von Branchen - vor allem mit arbeitsintensiver Güterproduktion -, um die
Produktionskosten auf ein Minimum zu senken, auch wenn die Produktionsorte Hunderte, ja
Tausende von Kilometern von der Endmontagestätte oder dem Verbraucher entfernt sind. Die
Beseitigung der Grenzen in der Gemeinschaft hat zur Einführung eines "Just in Time"- und
"Zero Stock"-Systems beigetragen.
Wenn bis 2010 in der EU-15 keine tiefgreifenden Massnahmen zur rationelleren Nutzung der
Vorteile jedes Verkehrsträgers ergriffen werden, wird alleine der Schwerlastverkehr um fast
50% gegenüber 1998 zunehmen!
Die Notwendigkeit der Einbindung des Verkehrs in eine auf Dauer tragbare Entwicklung ist
also dringend anzustreben!
Die Drosselung des Verkehrsbedarfs ist aber eine äusserst komplexe Aufgabe:
- Das Wirtschaftswachstum wird fast automatisch zu einem höheren Verkehrsbedarf
führen (veranschlagt werden + 38% beim
Güterverkehr, + 24% beim Personenverkehr);
- Die Erweiterung der Union wird eine Verkehrsexplosion in den neuen Mitgliedstaaten
zur Folge haben, insbesondere in den Grenzgebieten;
- Die Beseitigung von Engpässen der grossen Verkehrsachsen, der Anschluss
abgelegener Gebiete und von Regionen in äusserster Randlage sowie der Ausbau der
Infrastrukturen der Beitrittsländer erfordern beträchtliche Investitionen.
Die allmähliche Entkoppelung von Verkehrszunahme und Wirtschaftswachstum - eine
grundlegende Strategie des Weissbuchs - ist in diesem Kontext zu sehen.
Die simplistische Lösung bestünde darin, im Wege von Vorschriften einen Rückgang der
Mobilität von Personen und Gütern und gleichzeitig eine Verlagerung der Anteile der
einzelnen Verkehrsträger herbeizuführen. Dies ist aber unrealistisch, denn die Gemeinschaft
verfügt weder über die Befugnisse noch die Mittel, Verkehrsbeschränkungen in den Städten,
bzw. auf den Strassen oder für den Gütertransport vorzuschreiben. (z.B. das Misslingen eines
gemeinschaftsweiten Verbotes des LKW-Verkehrs an Wochenenden!)
Im Rahmen einer ökonomische Betrachtung und unter Berücksichtigung der
Befugnisse der Europäischen Union sind drei Optionen denkbar:
- Der erste Ansatz konzentriert sich auf den Strassenverkehr, der Gegenstand von
Massnahmen zur Tarifierung ist.
- Beim zweiten Ansatz steht die Tarifierung des Strassenverkehrs ebenfalls im
Mittelpunkt, doch werden Begleitmassnahmen getroffen, mit denen die Effizienz der
anderen Verkehrsträger erhöht wird (Verbesserung der Dienstqualität und der
Logistik, Umsetzung technischer Massnahmen).
- Der dritte Ansatz, auf den sich das Weissbuch stützt, umfasst eine Reihe von
Massnahmen, bei denen Tarifierung, Revitalisierung anderer Verkehrsträger als des
Strassenverkehrs und gezielte Investitionen in das transeuropäische Netz miteinander
verbunden werden. Dieser integrierte Ansatz ermöglicht eine Stabilisierung der
Verkehrsträgeranteile auf ihrem Niveau von 1998, um bis 2010 zu einer
ausgewogeneren Verteilung zu gelangen.
Ein zentrales Thema des Weisbuches über die gemeinsame Verkehrspolitik, dessen
Veröffentlichung kurz bevorsteht, wird unter anderem die wachsende Bedeutung der Seehäfen
bei der Entschärfung der gegenwärtigen Engpässe im Landverkehr und bei der
Gewährleistung eines besseren Funktionierens des gemeinschaftlichen Verkehrsmarktes sein.
Zwar messen die Interessengruppen den sie unmittelbar betreffenden Bereichen jeweils
besonderes Gewicht bei, doch lässt sich aus der Diskussion folgende Zuordnung der zentralen
Anliegen ableiten:
- Einbeziehung der Seehäfen in das transeuropäische Verkehrsnetz;
- Systematischer Ansatz für die Regelung des Zugangs zum Markt für Hafendienste und
- Finanzierung von Seehäfen und Hafeninfrastrukturen durch öffentliche Mittel.
Seehäfen und Ten-T
Die Entscheidung über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines
transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN) sieht einen breiten Rahmen für die Schaffung
eines integrierten multimodalen Infrastrukturnetzes vor. In diesem Netz kommt den
Seehäfen natürlich besondere Bedeutung zu.
Es wird in diesem Bezug ebenfalls den Ausbau sogenannter
"Hochgeschwindigkeitsseewege" einbezogen.
Zugang zum Markt für Hafendienste
"Hafendienste" sind kommerzielle Dienstleistungen, die den Hafennutzern gegen
Bezahlung angeboten werden. Diese Dienstleistungen sind in der Regel nicht in den
Hafengebühren enthalten.
Natürlich sind Qualität, Effizienz und Preis-Leistungsverhältnis der Hafendienste für die
Gesamtqualität der in einem Hafen angebotenen Leistungen von entscheidender
Bedeutung. Traditionell wurden die Hafendienste im Rahmen ausschliesslicher und/oder
rechtlicher oder de facto-Monopole öffentlicher oder privater Natur erbracht. Die
Diskussionen nach der Veröffentlichung des Grünbuches haben gezeigt, dass sich die
konventionellen Strukturen im Umbruch befinden und dass in allen Mitgliedstaaten
beträchtliche Entwicklungen stattfinden.
Im Bereich des Ladungsumschlags (darunter: Löschen und Laden, Umladen, Lagerung,
Depot und Einlagerung, je nach Ladungskategorien, sowie Zusammenstellung von
Sammelladungen) wurden die traditionellen Strukturen vielfach mit Erfolg in Frage
gestellt, so dass schrittweise die Beschränkungen bei vielen Märkten aufgehoben wurden,
die sich inzwischen stärker am Wettbewerb orientiert haben, eine höhere Beteiligung des
privaten Sektors aufweisen und, wie allgemein anerkannt wird, bei marktorientierterer
Preisgestaltung eine höhere Effizienz erreichen.
Dieser allgemeine Trend ist zu begrüssen, hat jedoch längst noch nicht alle Häfen der
Gemeinschaft erreicht. Ausserdem wurde vielfach auf die Notwendigkeit hingewiesen,
diese Entwicklung durch klare und zuverlässige Verfahrensvorschriften zu stützen, in
denen die Rechte und Verpflichtungen der etablierten und potentiellen Diensteanbieter
sowie der für die Überwachung der Häfen und/oder die Auswahl der Diensteanbieter
zuständigen einzelstaatlichen Behörden verankert sind.
Bei anderen Hafendiensten waren die Entwicklungen weniger intensiv: Beschränkungen
sowie private und öffentliche Monopole sind insbesondere bei den Lotsendiensten und in
geringerem Masse bei Schlepp- und Festmacherdiensten nach wie vor die Regel. In den
Häfen ist man sich bewusst, dass diese Dienstleistungen daher oft einen
unverhältnismässigen Kostenfaktor für die Nutzer darstellen und somit zu einem
wichtigen Aspekt beim Wettbewerb zwischen Häfen geworden sind.
Es steht ausser Frage, dass alle kommerziellen Hafendienste den
Wettbewerbsbestimmungen des Vertrags sowie den Bestimmungen über die vier
Freiheiten (Niederlassungsfreiheit, Freizügigkeit der Arbeitnehmer, freier Waren- und
Dienstleistungsverkehr) unterliegen.
Öffentliche Finanzmittel und Seehäfen
Eigentum, Struktur und Verwaltung der Häfen sind zwischen den Mitgliedstaaten und
sogar innerhalb der Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich geregelt, was zu einer grossen
Vielfalt im Hafensektor führt. Während sich der Verbleib der Befugnisse für Eigentum
und Struktur bei den Mitgliedstaaten rechtfertigen lässt, sind die Finanzströme zwischen
öffentlicher Hand, Hafenbetreibern und Nutzern der Hafeneinrichtungen und -dienste
jedoch ein Schlüsselaspekt im Hinblick auf den Wettbewerb.
Gegenüber der Vergangenheit, in der die Finanzierung von Häfen und Hafeneinrichtungen
durch den Steuerzahler die Regel war, hat sich nun ein spürbarer Trend zu einer stärkeren
privaten Finanzbeteiligung herausgebildet. Damit wurde die Finanzierung vieler
Hafeneinrichtungen Sache des Privatsektors, während sich die Hafenbehörden mehr und
mehr auf ihre Rolle als "Hausherr" und auf die Finanzierung und den Betrieb von
Einrichtungen zurückziehen, die für den sicheren und effizienten Betrieb des Hafens
insgesamt wesentlich sind.
Gleichzeitig streben immer mehr Häfen eine aktivere kommerzielle Rolle in
Zusammenarbeit mit privaten Partnern innerhalb und ausserhalb des Hafens an
Wenn Sie gestatten gehe ich jetzt kurz durch die Schlüsselprinzipien des Vorschlages der
Kommission über den Martkzugang für Hafendienste, die folgendermassen lauten:
- Die Mitgliedstaaten ergreifen die notwendigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass
Hafendiensteanbieter Zugang zum Markt für Hafendienstleistungen haben.
- Die Mitgliedstaaten können das Anbieten von Hafendienstleistungen
genehmigungspflichtig machen. Nach Auffassung der Kommission müssen die
Bedingungen für die Vergabe von Genehmigungen transparent, nicht diskriminierend,
objektiv, sachgerecht und verhältnismässig sein.
- Die Zahl der Genehmigungen kann nur aus Gründen der raümlichen oder
Kapazitätsbeschränkung bzw. bei technisch-nautischen Diensten (Lotsen-Schleppen-
Festmachen) mit Rücksicht auf die Seeverkehrssicherheit begrenzt werden.
Dieser Grundsatz vereinbart die Vertragsbestimmungen über Niederlassungs- und
Dienstleistungsfreiheit mit der Tatsache, dass aufgrund der obenerwähnten
Einschränkungen in mehreren Häfen und Hafendienstebereichen eine Begrenzung nicht zu
vermeiden ist.
- Häfen, in denen solche Begrenzungen nicht vorkommen, sind durch die diesbezüglichen
Regeln wie auch die für das Auswahlverfahren, die Geltungsdauer der Genehmigungen
und Übergangsbestimmungen nicht gebunden.
- Die Mitgliedstaaten treffen die nötigen Massnahmen, um Selbstabfertigung zu
ermöglichen.
- In Häfen, deren Leitungsorgan im Wettbewerb mit anderen Diensteanbietern
Hafendienste anbietet oder dies beabsichtigt, ist dieses so wie jeder andere Mitbewerber
zu behandeln. (die Buchführung für seine Hafendienstleistungen sind von der für seine
anderen Tätigkeiten zu trennen).
- Die Mitgliedstaaten gewährleisten die volle Transparenz aller Verfahren im
Zusammenhang mit der Erbringing von Hafendiensten sowie die Zugänglichkeit von
Einspruchsverfahren einschliesslich einer gerichtlichen Überprüfung.
- Wird eine Auswahl von Diensteanbietern getroffen, ist der Zeitraum, während dessen
der ausgewählte Anbieter operieren darf, zu begrenzen.
- Übergangsmassnahmen berücksichtigen die berechtigten Erwartungen der
gegenwärtigen Diensteanbieter, bestimmen aber parallel dazu, dass innerhalb eines
vernünftigen Zeitrahmens bestehende Genehmigungen, die nicht den Bestimmungen der
Richtlinie gemäss erteilt wurden, zu überprüfen sind.
- Die Richtlinie bzw. ihre Umsetzung durch die Mitgliedstaaten darf die Sicherheit in den
Häfen nicht in Frage stellen.
- Die Richtlinie und ihre Umsetzung darf den Umweltschutzbestimmungen in den Häfen
nicht entgegenwirken.
Diese Richtlinie gilt für jeden Seehafen bzw. jedes Seehafensystem innerhalb des
Hoheitsgebiets eines Mitgliedstaats, der oder das dem allgemeinen Handelsschiffsverkehr
offen steht, sofern der durchschnittliche Jahresumschlag des Hafens in den letzten drei Jahren
nicht unter 3 Millionnen Tonnen oder 500.000 Fahrgastbewegungen lag.
Sie trifft also zweifelsohne auf den Hafen Antwerpen zu.
Von allen obengenannten Artikeln werde ich insbesondere zwei davon und zwar die über die
Geltungsdauer und die Selbstabfertigung (obwohl auch bezüglich der sogenannten technisch-
nautischen Dienste mehrere Seehäfen sich schon kritisch geäussert haben) betonen.
Hafendiensteanbieter werden nämlich für einen begrenzten Zeitraum ausgewählt, der nach
folgenden Kriterien zu bestimmen ist:
- In Fällen, in denen der Diensteanbieter keine oder unbedeutende Investitionen tätigt,
um die Dienstleistungen zu erbringen, beträgt die maximale Geltungsdauer der
Genehmigung 5 Jahre.
- Tätigt der Diensteanbieter bedeutende Investitionen in
- bewegliche Vermögenswerte, beträgt die maximale Geltungsdauer 10 Jahre;
- Immobilien, beträgt die maximale Geltungsdauer 25 Jahre unabhängig davon, ob die
damit verbundenen Eigentumsrechte an den Hafen fallen.
Was Selbstabfertigung betrifft, erlässt die EU:
- Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Massnahmen, um Selbstabfertigung
im Sinne dieser Richtlinie zu ermöglichen.
- Die Selbstabfertigung kann einer Genehmigungspflicht unterliegen, für die keine
strengeren Kriterien als diejenigen für die Anbieter desselben oder eines
vergleichbaren Hafendienstes gelten dürfen
Im Allgemeinen kann man sagen dass die Seehäfen die neue europäische Verkehrspolitik
befürworten. Man denkt dann besonders an die hoffentlich mögliche Beseitigung der
verstopften europäischen Fernstrassen durch die vorgeschlagenen Alternativen wie, das
Marco Polo Projekt (den Kombi-verkehr); die Kabotage (den Küstenverkehr); die
Hochgeschwindigkeitsseewege; den Ausbau des europäischen Eisenbahnnetzes; eine
optimale Benutzung der Binnengewässer, usw.
Andrerseits geht man auch in den Seehäfen davon aus dass eine Liberalisierung der
Hafendienste die nationale wie gesamteuropäische Konkurrenz insofern anfordern wird
dass nicht nur die Qualität dieser Dienste, sondern ebenfalls deren Preis der
Hafenkundschaft wesentliche Vorteile schaffen soll.
Es kommt den Häfen aber vor, dass vor allen Dingen den Seereedereien die weit besseren
Bedingungen in der ganzen Transportkette bereitet werden. In diesem Zusammenhang
denkt man vor allem an jene Abschnitte die über die Selbstabfertigung, die
Niederlassungsbedingungen und die technisch-nautischen Dienste handeln. In diesem
Bezug berichtete z.B. die DVZ vom 3.5. dieses Jahres dass die Bundeslotsenkammer der
BRD vor unkalkulierbaren Folgen eines freien Wettbewerbs im Seelotswesen warnt.
Wenn die Europäische Kommission ihre geplante Richtlinie über den Marktzugang für
Hafendienste umsetzt, muss sie mit dem Zusammenbruch des jetzigen
Verkehrssicherungssystems rechnen. Der Entwurf der Kommission eröffnete
Mitgliedstaaten der EU die Möglichkeit der "Selbstabfertigung". Diese werde dazu
führen, dass grosse Reedereien ihre eigenen Lotsen einstellen. Diese sind nicht un-,
sondern von den Reedereiinteressen abhängig. Durch den Wegfall der grossen und
lukrativen Schiffe, die im jetzigen System die kleineren Schiffe subventionieren und die
Annahme eines Lotsen finanziell erleichtern, sei die Finanzierung der qualitativ
hochwertigen Lotsendienste rund um die Uhr nicht mehr möglich.
Auch im Bereich der Geltungsdauer von Konzessionen könnte die vorgelegte Richtlinie
über den Marktzugang für Dienstleister in den Seehäfen nachgebessert werden weil man
in den Häfen erhebliche Auswirkungen für die Investitionsbereitschaft der
Hafenwirtschaft sieht. So sehen die Richtlinien in ihrer vorliegenden Form
verhältnismässig kurze Zeiträume für die Geltungsdauer von Konzessionen vor. Innerhalb
dieser Zeiträume könne ein Betrieb grössere Investitionen kaum abschreiben. Zudem
fehlten Verlängerungsoptionen für den Fall, dass Investitionen erst während der
genehmigten Vertragslaufzeit getätigt werden. Dann laufe das betreffende Unternehmen
das Risiko, dass es bei einem Auswahlverfahren nicht erneut den Zuschlag erhält. Ein
anderer Bewerber könne dann Zugang zu den Investitionen bekommen, die der Vorgänger
auf dem Gelände getätig habe. Schliesslich gebe es auch nur einen begrenzten
Bestandsschutz für Verträge, die abgeschlossen wurden, bevor die geplante Richtlinie in
Kraft tritt.
Aus diesem Grund sollten die Geltungsdauer in der Richtlinie verlängert und
Bestandsschutz für bestehende Verträge und Genehmigungen gewährt werden. Zudem
müsse spätestens in den Ausschreibungsbedingungen eine Wertersatzregelung geschaffen
werden, nach der ein neuer Genehmigungsinhaber dem Vorgänger den Wert der
Investitionen ersetzen muss.
Kritisch beurteilen die Häfen auch die Definition eines "relevanten Marktes" in der
Richtlinie. Der Kommission gehe es dabei in erster Linie um den Wettbewerb innerhalb
eines Hafens. Die Konkurrenz zwischen Hafendiensteanbietern aus unterschiedlichen
Häfen wird dabei nicht einbezogen! Speziell beim Ladungsumschlag jedoch konkurrierten
die Häfen der Hamburg-Le Havre-Range um dasselbe Hinterland. Aus diesem Grund
sollte auch angestrebt werden, ladungsbezogene Dienste aus der Richtlinie
herauszunehmen.
Diese Frage wird überdem von "Feport" (der Föderation privater Hafenbetriebe)
besonders kritisch in Augenschau genommen. Deren Vorsitzender, der Belgier Paul
Valkeniers, unterschreibt die These von Dr. Gerrit Schohe, Rechtsanwalt und Partner in
der Kanzlei White & Case, nämlich dass, die Richtlinie einen eindeutigen Eingriff in das
Eigentum der Unternehmen darstelle. Dabei gehe es um geldwerte Nutzungsrechte aus
bestehenden Verträgen und oft um den Fortbestand von Gewerbebetrieben. Es sei "eine
wirtschaftliche Kernfrage", ob die bisherigen Umschlagunternehmen unter den
Bedingungen der Richtlinie wenigstens ihre Investitionen abschreiben und einen
angemessenen Unternehmergewinn erzielen können.
Wie Dr. Gerrit Schohe, stellt die Feport sich die Frage, ob der Eingriff in die
Eigentumsrechte verhälnismässig ist. Dies wäre dann der Fall, "wenn ein ausreichendes
öffentliches Interesse" bestünde.
Dies aber ist aus Dr. Schohes Sicht zu bezweifeln. "Wenn schon heute wirksamer
Wettbewerb stattfindet, dann fehlt es in Bezug auf die Richtlinie an einem öffentlichen
Interesse." Wettbewerb setze nicht voraus, dass eine unbegrenzte Zahl von Unternehmen
Zugang zum Markt erhalte und über diesen Zugang regelmässig und durch hoheitlichen
Eingriff neu entschieden werde. Schohe bemängelt, dass Schutz- und
Übergangsvorschriften fehlen, die den Umschlagunternehmen die Sicherheit geben, dass
sie ihre Investitionen wieder verdienen und eine angemessene Rendite erzielen können.
Unzureichend sei auch die Entschädigungsregelung. Der Gewinner einer Ausschreibung
habe zwar für Immobilien, die er übernimmt, einen Ausgleich zu zahlen, nach der
Richtlinie aber nur, "wo dies angebracht ist". Diese vage Regelung lasse vieles offen, z.B.,
wem und in welcher Höhe ein Ausgleich zustehe.
Die Verfasser der Vorschrift hätten offensichtlich ein völlig falsches Bild von den
wirtschaftlichen Realitäten, kritisiert Schohe: "Der Gemeinschaftsgesetzgeber folgt
offenbar dem Leitbild eines Umschlagsunternehmens, das sich im Rahmen von
Ausschreibungen regelmässig um seine Erwerbsposition neu bewerben muss, dass aber
trotz der damit verbundenen Ungewissheit bereit ist, so zu investieren, dass eine
ausreichende Hafeninfrastruktur erhalten bleibt".
"Die Gemeinschaft sollte sich auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren", so der Jurist,
Schohe, und "Feport": "Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, die möglichst überall in
der Gemeinschaft gleich sind und die dadurch zu gleichen Chancen für alle fuhren." Es
gehöre nicht zu den Aufgaben, "gewachsene Wirtschaftsstrukturen in den Mitgliedstaaten
nach politischem Belieben umzugestalten." Die Gemeinschaft könne sich auf eine
Rahmenregelung oder auf eine Mitteilung beschränken, in der sie klarstelle, wie sie das
bestehende Gemeinschaftsrecht auf die Häfen anwenden wolle.
Feport vertretet weiter die Ansicht, dass der Markt selber über die Anzahl der Operatoren
im Hafen entscheiden soll und wie die Wettbewerbsregelung im Falle von ungeeigneter
Monopolbildung angewendet werden sollte.
Was nun der (städtische) Hafenbetrieb Antwerpen angesichts der vorliegenden Richtlinie
anbelangt, verhandelt die Hafenbehörde momentan mit den geeigneten Gewerkschaften
und dem heutigen betreffenden Unternehmen über die Bedingungen in bezug auf das
Lotsen und Festmachen von Seeschiffen innerhalb der Hafenbecken. Die Möglichkeit
bleibt offen ob der Hafenbetrieb selbst oder zusammen mit dem betreffenden Betrieb,
(Brabo), um diese Tätigkeiten werben soll.
Im Moment noch unternimmt nur der Hafenbetrieb Antwerpen die Schleppdienste hinter
den Seeschleusen in den Hafenbecken. Anhand neuer Investitionen in diesem Bezug und
Abmachungen mit den anerkannten Gewerkschaften über die Arbeits- und
Lohnbedingungen, versucht man auch in Zukunft dem Wettbewerb mit sonstigen
Unternehmen entgegentreten zu können. Was aber die notwendigen Baggerarbeiten in den
Docks betrifft, hat der Hafenbetrieb (in Einvernehmen mit den Gewerkschaften) bereits
entschieden das betreffende Personal umzubilden und diese Tätigkeit nicht länger
auszuüben, obschon diese Massnahme eine Prioritätsalterantive beinhalte. Es handele sich
um die Frage ob eine unabhängige Gesellschaft jederzeit bereit wäre dringende
Baggerarbeiten an Ort und Stelle auszuführen, auch wenn zu gleicher Zeit lukrativere
Aufträge anderswo (im Ausland z.B) zu bekommen wären. Wie dem auch sei, der
Hafenbetrieb Antwerpen war nicht in der finanziellen Lage seine Baggeraustattung
marktbedingt anzupassen.
Nach dem belgischen Gesetz konnte damals die Stadt Antwerpen, seit dem 1. Januar 1997
der Hafenbetrieb Antwerpen, von Privatbetrieben versorgtem Strom an Hafenfirmen und
Industrieanlagen verteilen. Wo aber auch Stromversorgung und -verteilung liberalisiert
worden ist, bedeutet diese bisher gewinnbringende Aktivität des Hafens abermals ein
Problem indem der Hafen ab jetzt der Konkurrenz sonstiger Betriebe unterliegt.
Es liegt zwar nicht auf der Hand, aber völlig auszuschliessen ist es nicht wenn
Seereedereien künftig selbst Schlepper einschliesslich Personal zu ihrer Verfügung stellen
statt diese Dienste in den europäischen Häfen bei den ansässigen Lagereibetrieben nach
Bedarf zu bestellen.
Ansonsten ist vor allen Dingen für einen Hafen wie Antwerpen, der sowieso der
bedeutendste Stückguthafen Europas ist, die Angelegenheit der "Selbstabfertigung"
schwer zu vertragen. Nicht nur gewährt die vorliegende Richtlinie Reedereien selbst ihre
Schiffe zu ent-, bzw. zu beladen, die bisher dargebotene Sicherheit, die Flexibilität, die
Dienstequalität, die Erfahrung der Antwerpener Hafenarbeiter in diesem Bezug die zu
dieser Spitzenposition beigetragen haben, drohen das jahrzehnte lange System
zur Befriedigung jedes Einzelnen sehr zu gefährden.
Hiermit, sehr geehrte Damen und Herren, bedanke ich mich für Ihre werte
Aufmerksamkeit.
Roger Deferm.