Selektions- und Konzentrationsimpulse der EU-Verkehrspolitik auf das Logistiksystem Straße



Helmut LAMPRECHT


Im Rahmen der Sequenz "Auswirkungen der EU-Verkehrspolitik auf Verkehrsbetriebe und Verkehrsträger" fällt mir als kurzfristig eingesprungener Referent die Aufgabe zu, die Problematik seitens der Transportwirtschaft Österreichs zu fokussieren. Dabei werde ich weitgehend auf belastende Details aus EU-Verordnungen, EU-Richtlinien etc. verzichten.

1. AUSGANGSLAGE

1.1. Österreich ist seit 1.1.1995 Mitgliedsland der EU - aber seit 1992 mit dem sog. Transitvertrag, der als Primärrecht in den Beitrittsvertrag übernommen wurde, in "Rechtsbeziehung" zur EU. Österreich ist daher kein abgeschottetes "Feuchtbiotop" oder "verkehrspolitischer Naturschutzpark" mehr.
1.2. Österreich hat seinen wirtschaftlichen Rechtsrahmen, sowohl in der Zeit vor dem Beitritt als auch danach, an das EU-Gemeinschaftsrecht angepasst bzw. anpassen müssen - wenn auch noch immer nicht zu 100%.
1.3. 80 % aller wirtschafts- aber auch verkehrspolitischen Entscheidungen fallen auf EU-Ebene. Dies hatte für Österreich zur Folge, dass man sich von Alleingängen verabschieden musste und insofern das Spielen mit der "Trickkiste verkehrspolitischer Sondereinlagen" - aus welchen Gründen immer - stark eingeschränkt wurde. Es fehlte allerdings nicht an Versuchen, die Binnenmarktidee im Transportsektor mit div. Methoden zu unterlaufen, besonders in Tirol, wo offenbar aus populistischen und medialen Beweggründen ein "Transittrauma" erzeugt wurde, das bis zum Realitätsverlust bzw. zur Realitätsverweigerung reicht.
1.4. Politisch wird oft übersehen, dass Österreich nördlich und südlich zwei EU-Gründungsmitglieder - Deutschland und Italien - als Nachbarn hat, die zudem die wichtigsten, d.h. größten Handelspartner Österreichs sind! Ein Agieren aus der "Kirchturmperspektive" hat für Österreich in der wichtigen Transitfrage bislang verhindert, diese Staaten als Verbündete zu gewinnen.
1.5. Trotz 7 1/2 Jahre Vollmitgliedschaft herrscht immer noch ein großes Manko unserer Politik beim EU-zielgerichteten Lobbying (Stichwort - Ökopunkte-Nachfolgeregelung, Maut). Man kann nicht 1 1/2 Jahre vor Auslaufen des Transitvertrages beginnen, Verbündete zu suchen. Beispielhaft sind demgegenüber Niederlande, Italien, Frankreich, Deutschland; sie beherrschen das "Klavier" schon im Vorfeld der Diskussion für neue Verordnungen, Richtlinien oder deren Abänderungen! Das Problem auf EU-Ebene ist das strategische WIE - wie wird die EU-Karte der positiven Konsultationen im Vorfeld etc. gespielt. Statt dessen üben sich z.B. die Tiroler Politiker in Aufforderungen zu Straßenblockaden mit unrealistischen Forderungen.
  Ein positiveres Beispiel ist die Schweiz: sie hat es als Nichtmitglied verstanden, bei den sog. Landverkehrsverträgen mit der EU quasi wie ein EU-Land behandelt zu werden (Transit, Querfinanzierung, Luftverkehr!!)
1.6. Die Teilnahme Österreichs am europäischen Binnenmarkt war mit einer deutlichen Deregulierung, die auch den Transportsektor einschloss, verbunden. Als Folgen dieses Schrittes sind beispielhaft zu nennen:
  Beschränkungen sind seither nur mehr zulässig, wenn der Wettbewerb nicht verfälscht wird.
1.7. Die Verkehrspolitik der Gemeinschaft wird künftig stark durch das Weißbuch der Kommission vom 12.9.2001 "Die Europäische Verkehrspolitik bis 2010 - Weichenstellungen für die Zukunft" beeinflusst werden. Das vorrangige Ziel der Kommission bis zum Jahr 2010 ist dabei die Entkoppelung von Verkehrswachstum und Wirtschaftswachstum: die Straße solle 2010 keinen größeren Verkehrsanteil haben als 1998.
  Diese Fakten voranzustellen erschien vor allem aus der Sicht der Transportwirtschaft notwendig, um die Auswirkungen der EU-Verkehrspolitik auf den internationalen Warenaustausch besser einzuordnen. Zu nennen sind unter anderem:
2. WIRTSCHAFTSWACHSTUM NICHT OHNE VERKEHR ZU HABEN

Die Notwendigkeit in Transportketten und zunehmenden Logistikketten und -netzen strategisch und operativ zu denken sowie zu handeln, nahm immer mehr zu. Informations- und Kommunikationssysteme im Logistik- und Transportbereich gewannen einen ständig steigenden Stellenwert.

Die Systemeigenschaften der Bahn waren dabei eher hinderlich, während der LKW als eindeutiger Gewinner - allerdings bei immer geringerer Kapitalrentabilität - hervorging. Dazu verhalfen ihm nicht zuletzt seine spezifischen Systemeigenschaften in Richtung logistische Flexibilität.

Die Grenzöffnung nach Osteuropa und die wirtschaftliche Revitalisierungsprozesse in den Reform-Staaten Mittel- und Osteuropas verstärkten diese Entwicklung; sie führten jedoch vice versa zu einem raschen Aufbau eigener Transportunternehmen/-flotten, die natürlich auch auf den europäischen Binnenmarkt drängten!

Die durch den Binnenmarkt veränderten Marktbedingungen, gekennzeichnet durch brachten einen großen Umbruch, getragen von
Als verlässliche Partner in ganz Europa bekannt, konnte sich das österreichische Gütertransportgewerbe inkl. Spedition z.B. allein im Transit, vornehmlich im Nord-Süd/Süd-Nord-Verkehr der EU-Länder, mit ca. 480 Unternehmen und rund 4.500 LKW-Einheiten etablieren und behaupten. Ein Nichtbeitritt wäre für einen bedeutenden Teil der österreichischen Transportwirtschaft eine Vernichtung von Marktchancen gewesen. Die Niederlassungsfreiheit bzw. den freien Marktzugang im EU-Raum konnten somit viele Transportunternehmen nützen.

Die Aufhebung des Kabotage-Verbots im Jahr 1998 brachte noch einmal den EU-Transporteuren Rationalisierungs- und Produktivitätseffekte (Vermeidung von längeren Leefahrten, flexibleren Fahrzeugeinsatz, Kooperationsvorteile). Probleme gab und gibt es jedoch noch bei den sog. Drittlandfahrten, wo einige EU-Länder - wie z.B. Frankreich, Italien - nach wie vor Probleme bereiten und eigene Genehmigungen z.B. für Transporte aus EU-Länder in Drittländer, wenn der Heimatstaat nicht berührt wird, verlangen.

Die Deregulierung brachte insoferne nicht nur größere Marktfreiheiten, sondern Trotzdem wird im Großen und Ganzen der Straßengüterverkehr seine Flexibilität - bei sinkender Umweltbelastung durch technologische Maßnahmen - auch weiter ausspielen können.

3. KÜNFTIGE ENTWICKLUNG DES GÜTERTRANSPORTSEKTORS

Die zukünftige Entwicklung der europäischen Transport- und Logistikmärkte hängt von drei Bestimmungsgrößen ab: Die bisherigen Trends in der Logistik werden sich zweifellos in den kommenden Jahren fortsetzen; es werden die Unternehmen weiterhin Outsourcing-Strategien zur Reduzierung der Fertigungstiefen, zu Kostensenkungen und Flexibilitätssteigerungen verfolgen.

Hinzu kommt, dass die Ansprüche an logistische Qualitäten wie Zuverlässigkeit, Disponierbarkeit, Sicherheit von Produkten und Daten weiter steigen werden. Dazu gehört das sog. Transport Quality Management (TQM), eine Maßnahme, die zur Existenzsicherung in logistischen Ketten und Netzen unabdingbar erscheint. Z.B. werden die Bahnen nur dann stärker einbezogen, wenn sie die aus den logistischen Abläufen definierten Qualitätsanforderungen sowohl in den nationalen als auch in den internationalen Relationen dauerhaft erfüllen können.

Vor diesem Hintergrund werden sich also weiterhin Chancen für die Transportunternehmen ergeben. Es eröffnet sich jedoch keine Einbahnstraße, sondern durch das Hereindrängen ausländischer Mitbewerber ergeben sich entsprechende Marktrisken.

Eine Reduzierung dieser Risken ist jedoch möglich durch: Für Chancen sorgt auch die in den letzten 20 Jahren erfolgte Umstellung von einer lagerhaltungsorientierten auf eine produktionssynchron belieferte Wirtschaft. Die Abwanderung von Branchen, vor allem mit arbeitsintensiver Güterproduktion, verstärkte diese Umstellung, um so die Produktionskosten auf ein Minimum zu senken, auch wenn die Produktionsorte weit ab von den Endmontagestätten oder den Verbrauchern entfernt sind. Die Beseitigung der Zollgrenzen in der EU hat die "Just in Time"- und "Zero Stock"-Systeme zusätzlich forciert.

Bis 2010 wird allein der Schwerlastverkehr in der EU um rund 50% gegenüber 1998 zunehmen. Das bedeutet, dass jene, schon heute stark überlasteten Regionen und großen Transitachsen noch stärker belastet werden. Das erwartete kräftige Wirtschaftswachstum in den Beitrittsländern und die bessere Anbindung der Randregionen der EU werden die Verkehrsströme im Straßennetz der Gemeinschaft weiter ansteigen lassen.

Der größte Wettbewerbsvorteil des Straßengüterverkehrs ist seine Fähigkeit, Güter überall mit höchster Flexibilität und zu niedrigsten Kosten zu befördern. Dabei liefern sich die Unternehmen dieses Wirtschaftszweigs mit den anderen Verkehrsträgern und untereinander einen harten Wettbewerb, der einen Grad erreicht hat, wo viele die rechtlichen Bedingungen nicht mehr einhalten, um angesichts der gestiegenen Betriebskosten (Treibstoffpreise, neue Ausrüstungen) überleben zu können. Dieser harte Preiswettbewerb droht mit der Erweiterung noch zuzunehmen, da in den Beitrittsländern die Betriebskosten deutlich niedriger liegen.

Es lässt sich auch nicht darüber hinweg täuschen, dass sich heute viele - in erster Linie kleine - Transportunternehmen in einer äußerst prekären finanziellen Lage befinden. Immer weniger können eine oft künstliche Rentabilität aufrechterhalten, da sie vor allem in Zeiten nachlassender Konjunktur dem Preisdruck durch Verlader und der Industrie unterliegen.

Wie bereits erwähnt wird den Prognosen zufolge der grenzüberschreitende Güterverkehr bis 2010 um 50% zulegen. Auf kurzen Strecken ist jedoch die Beförderung mit Lastkraftwagen unumgänglich, denn kein anderer Verkehrsträger ist ausreichend auf die Bedürfnisse der Wirtschaft abgestimmt. Deshalb werden auch 66% aller Güter innerhalb eines Radius von 50 km, weitere 20% über Entfernungen zwischen 50 und 150 km transportiert.

4. HARMONISIERUNG DRINGEND ERFORDERLICH

Während die Liberalisierung beim Marktzutritt und bei der Marktpräsenz nahezu abgeschlossen ist, fehlt zum größten Teil die notwendige gleichzeitige Harmonisierung bei den Bisher sind somit wenige Maßnahmen getroffen worden, um einheitliche Vorschriften für die sozialen Bedingungen im Straßengüterverkehr innerhalb der Gemeinschaft zu gewährleisten. Es handelt sich vor allem um die Die Wirksamkeit der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften und damit der einheitlichen Rahmenbedingungen ist auch von der ordnungsgemäßen und einheitlichen Anwendung auf dem gesamten Gebiet der Gemeinschaft abhängig. Daher beabsichtigt die Kommission schon seit längerem eine Harmonisierung der Kontrollen und Sanktionen. Auf diese Weise soll auch das Problem der Beschäftigung osteuropäischer LKW-Fahrer einer Lösung zugeführt werden. Dahinter steckt nämlich ein "Standortegoismus übelster Sorte", indem gewisse Staaten wie z.B. Luxemburg "ihren" Transporteuren die (illegale) Beschäftigung ausländischer Fahrer gestatten, wenn "Mann und Fahrzeug" nur das heimische Territorium meiden und zumindest die Steuern "zu Haus" bezahlt, jedoch die Verstöße außerhalb begangen werden.

Dies ist somit kein rein innerösterreichisches Problem. Gelöst wird es deshalb nicht durch schärfere Kontrollen in Österreich, sondern nur durch konzertiertes Vorgehen in Europa und hier insbesondere in der EU. Durch die Groß-Transportunternehmen, die aus Nicht-EU-Ländern mit wettbewerbsverzerrenden Rahmenbedingungen agieren, hat sich nämlich innerhalb der EU ein enormer Kostendruck entwickelt, der einige Unternehmen in "Grauzonen" getrieben hat. "Schwarze Schafe", die ohne Konzessionen und Genehmigungen quer durch Europa fahren, stellen ein internationales Problem dar; diese sind auch nur schwer durch die Behörden zu erfassen. Daher versucht jedes Unternehmen durch Ausnützung der gesetzlichen Freiräume wettbewerbsfähig zu bleiben.

Hier gibt es also massiven Handlungsbedarf bei der Abstimmung von arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen im Wettbewerb des internationalen Straßentransports. Die EU-Fahrerlizenz ist ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Damit wird sichergestellt, dass ab März 2003 nur mehr Fahrer auf LKW´s anzutreffen sind, die auch ein ordentliches Beschäftigungsverhältnis in einem EU-Mitgliedsstaat nachweisen können. Allerdings ist dadurch das Problem der Überprüfung der Fahrer von Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten noch nicht gelöst.

Ohne Harmonisierung wird es auch in Zukunft keinen funktionsfähiger Wettbewerb geben; die Liberalisierung der Märkte allein ist zu wenig - ansonsten droht ein AUS für viele kleine, mittlere aber auch größere Transportunternehmen.

In die Notwendigkeit der Harmonisierung passt auch ein aktuelles Thema, das ROAD PRICING. Die alles entscheidende Frage ist nicht, ob Road Pricing kommt, sondern ob die Regierungen die Kraft finden, eine europäische Wettbewerbsharmonisierung bei den Fiskallasten herzustellen. Gebühren können auch nicht einfach "on top" auf bestehende Steuern und Abgaben aufgesattelt werden, das Wort Harmonisierung verkäme so zum symbolischen Akt. Sollte auf Grund kurzsichtiger fiskalischer Begehrlichkeiten die Harmonisierungsfrage scheitern, würde damit für viele Transportunternehmen das baldige Ende im grenzüberschreitenden Verkehr und in hart umkämpften Kabotagemärkten besiegelt sein.

Der grenzüberschreitende Verkehr ist jedoch innerhalb der EU das wichtigste Marktsegment, denn das Marktwachstum im grenzüberschreitenden Transport wird in den nächsten zehn Jahren etwa dreimal höher sein als im nationalen Verkehr. Als Konsequenz ergibt sich hieraus, dass nach 2010 der grenzüberschreitende Markt mehr als die Hälfte aller Fahrleistungen auf sich vereinigen wird. Wer somit das Transportgewerbe von diesen Wachstumsmärkten politisch fernhält, verzichtet auf zusätzliche Arbeitsplätze und vernichtet bestehende. Es grenzt wohl an Schizophrenie, die Wirtschaft auf Globalisierungskurs zu bringen, dem nationalen Verkehrsgewerbe aber durch nationale Einzelgänge in der Fiskalpolitik diesen Weg zu verbauen.

Zum Schluss noch ein Punkt der dringend harmonisiert gehört - die ungleiche Förderpolitik. Am Beispiel der Treibstoffentlastung für Transportunternehmer in Italien, Niederlande, Frankreich sei dies näher dargestellt:

Der EU-Ministerrat hat Anfang Mai 2002 - zur allgemeinen Überraschung - die Steuerermäßigungen auf LKW-Dieselkraftstoff in Frankreich, Italien und den Niederlanden genehmigt. Die drei Länder hatten den Straßentransportunternehmen Ende 2000 wegen der hohen Kraftstoffpreise Steuernachlässe zwischen 0,015 und 0,05 € pro Liter gewährt, die spätestens Ende 2002 auslaufen sollten. Nach dieser Entscheidung müssen allerdings die bis Ende 2002 laufenden Steuerermäßigungen weder gestoppt noch zurückbezahlt werden - einen eindeutigeren Fall einseitiger Wettbewerbsverzerrung gibt es wohl kaum.

5. RESÜMEÉ FÜR DAS ÖSTERREICHISCHE TRANSPORTGEWERBE

Für österreichische Transportunternehmen ergibt sich nach diesen Fakten eine triste Situation im Vergleich zu den Transportunternehmen in den anderen Ländern. Sie stehen vor der Tatsache, dass sie Mit einer höheren Qualität dagegenzuhalten, reicht nicht mehr aus, denn die Transportunternehmen aus den anderen EU-Ländern haben inzwischen aufgeholt; und in schwachen Auslastungszeiten dominiert erfahrungsgemäß immer der billigere Preis.

In den letzten Jahren haben die heimischen Unternehmen viele Transporte an ausländische Transportanbieter verloren. Hinzu kommt, dass viele Verlader-Firmen ihre Produktionsstätten ins Ausland verlegen, weil ihnen in Österreich - außer den hohen Kosten - noch eine Flut von Gesetzen, Verordnungen und Normen zunehmend die Wirtschaftsbasis erschweren bzw. sogar da und dort entziehen. Diese Möglichkeit haben aber Transportunternehmen nur eingeschränkt: von jeher mittelständisch strukturiert, können sie ihre Betriebe nicht so einfach ins Ausland verlegen.

Ein weiterer Aspekt: Es ist ein Irrtum zu glauben, dass bei einer Verteuerung des LKW-Verkehrs alle Verlader auf die Bahn umsteigen. Wenn die benötigte Leistung dort nicht erbracht werden kann, bleibt die Wirtschaft beim LKW. Dies gilt auch z.B. für den Kombinierten Verkehr, wenn Zeitvorgaben nicht verlässlich eingehalten werden können. Im äußerst zeitsensiblen Sammelgutverkehr kann beispielsweise bereits eine halbe Stunde Verspätung dazu führen, dass die Ware nicht mehr in den Umlauf kommt und erst am nächsten Tag geliefert werden kann.

Der Transportmarkt steht zudem in einem hohen Konzentrationswettbewerb, bei dem viele kleinere und mittlere Unternehmen auf der Strecke bleiben, ausgelöst durch den Trend zu größeren Betriebseinheiten und Fahrzeugflotten. Durch die Billigkonkurrenten aus Ost- und Mitteleuropa, die höchstens ein Viertel der hiesigen Lohnkosten zahlen, sowie durch zusätzliche Kostenbelastungen hat sich die Lage noch drastisch verschärft.

"Illegale Konkurrenz" entsteht den österreichischen Transportunternehmen insofern, als osteuropäische Straßentransporteure im Anschluss an grenzüberschreitende Verkehre auch unerlaubte nationale und grenzüberschreitende Transporte durchführen. Dies führt zu Auslesemechanismen, die nicht mehr im Sinne der Marktwirtschaft funktionieren. Nicht den besten und qualifiziertesten Unternehmen eröffnet sich derzeit eine Zukunftschance, sondern denjenigen Betrieben, die mit staatlichen Wettbewerbsvorteilen ihrer Heimatländer ausgestattet sind, oder bewusst gegen Vorschriften verstoßen. Diese "Entartungen des Wettbewerbs" sind inzwischen auch in anderen Ländern Westeuropas, wie Deutschland, Frankreich, Belgien, Niederlande, Dänemark etc. bekannt.

Schließlich drängen immer mehr unqualifizierte "Newcomer" auf den Markt, die durch Preisdumping und Selbstausbeutung versuchen zu überleben. Die Insolvenzstatistik belegt, dass im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen die "Pleiten" im Straßengüterverkehrsgewerbe auf hohem Niveau "verharren" und möglicherweise noch zunehmen werden. Ein Ende dieses ruinösen "Strukturbereinigungsprozesses" ist derzeit nicht in Sicht.

Dennoch, die Globalisierung der Märkte bedeutet für die Transportbranche, dass sie mit immer neuen komplexen Anforderungen ihrer Kunden konfrontiert wird. Es ergeben sich zahlreiche Chancen für das Transport- und das Spediteurgewerbe. Hiezu müssten aber die Rahmenbedingungen für das Transportwesen stimmen. Leider bestehen hier bei der Harmonisierung noch erhebliche Defizite für einen funktionsfähigen Wettbewerb !

Es geht nicht - wie oft fälschlich darstellt - um Straße gegen Schiene, es braucht beide: die Schiene und die Straße!

Leiter der Abteilung für Verkehrswesen
der Wirtschaftskammer