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T. Sivunen Fahrweginstandhaltungsstrategie der Finnischen Bahn

Langassung

1. Organisation der Bahnfunktionen in Finnland
Im Jahr 1995 wurden die Bahnfunktionen in Finnland nach den Grundsätzen der EURichtlinie 440/91 neu organisiert. Im Zuge der Umstrukturierung wurde als neue Bahnbehörde die Bahnverwaltungszentrale (RHK) gegründet, die als Eigentümer der Bahninfrastruktur, als verantwortliche Stelle für die Sicherheit und für die Zulassung technischer Normen eingesetzt wurde. Die Bahnverwaltungszentrale hat die Aufgabe, den Instandhaltungs- und Modernisierungsarbeiten am Gleisnetz die Ziele zu setzen und die Ausführung der Arbeiten Unternehmen in Auftrag zu geben.

Die Bahnverwaltungszentrale wurde bewusst als straffe Sonderbehörde ohne eigene regionale Organisation gegründet. Ihr eigenes Personal umfasst lediglich rund 60 Mitarbeiter. Zu ihrer Unterstützung setzt die RHK Consultingfirmen ein. In dem Funktionsmodell Finnlands ist der Markt für Bahnbauarbeiten allen Unternehmen offen, die die Befähigungsanforderungen erfüllen.

Bei der Bahnreform im Jahr 1995 wurden aus der früheren Organisation der Finnischen Staatsbahn Gesellschaften gegründet, die dem allgemeinen Aktiengesellschaftsgesetz entsprechen. Der Personen- und Güterverkehr wird von der VR Ltd betrieben und dementsprechend ist die VR-Track Ltd für fahrwegtechnische Expertenaufgaben sowie die Bahninstandhaltung und den Bahnbau zuständig. Diese beiden Unternehmen bilden gemeinsam den Eisenbahnkonzern VR-Group Ltd. Die VR-Track hat den hohen Stand ihres Marktanteils gehalten. Von den Aufträgen der RHK führt das Unternehmen rund 70% aus. Als einziges Unternehmen auf dem finnischen Markt bietet VR-Track Komplettservice an, das heißt Instandhaltungs-,
Bau- und Expertendienstleistungen für alle bahntechnischen Bereiche.

Aus historischen Gründen ist es ganz natürlich, dass die VR-Track den Zustand des Gleisnetzes gut kennt, dass sie auf Bahnarbeiten spezialisierte Fachkräfte hat und hochmoderne Arbeitsmaschinen besitzt. Das Unternehmen betrachtet die Entwicklung des Marktes als natürlichen Prozess, der zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des ganzen Bahnsystems beiträgt.

2. Das Bahnnetz und die Entwicklungsziele
Das Bahnnetz Finnlands hat eine Gesamtlänge von 5800 Bahnkilometern. Die elektrifizierte Bahnstrecke hat eine Länge von 2400 km und mit modernen Sicherheitsanlagen ausgerüstet und ferngesteuert ist eine Bahnstrecke von 2300 km. Auf diesen Hauptstrecken werden fast 80% aller Verkehrsleistungen erbracht. Ein besonderes Merkmal des Bahnnetzes ist, dass 90% davon eingleisig sind; und das stellt natürlich hohe
Anforderungen an die Verfügbarkeit des Systems. Weiter wird durch das eingleisige Bahnnetz die effektive Durchführung der Instandsetzungs- und Bauarbeiten erschwert.

Auf allen Hauptstrecken rollt Personen- und Güterverkehr. Der Personenverkehr konzentriert sich auf Süd- und Mittelfinnland. Dementsprechend ist der Güterverkehr in Ostfinnland am stärksten. Nach europäischem Maßstab gemessen hat der Güterverkehr mit 26% der Transportleistungen einen außergewöhnlich hohen Marktanteil; der entsprechende Wert im EU-Bereich liegt durchschnittlich bei 15%. Im Personenverkehr
beträgt der Marktanteil rund 5% (EU 6%). Das Verkehrsvolumen liegt auf den Hauptstrecken charakterischerweise bei 10 000 - 30 000 Bruttotonnen pro Tag, die Anzahl der Züge auf den eingleisigen Strecken beträgt 20 - 50 Züge pro Tag und auf den zweigleisigen Strecken in Südfinnland 50 - 150 Züge pro Tag. Im Nahverkehrsbereich Helsinki verkehren täglich 850 Züge.

Das Bahnnetz soll durch die Modernisierung auf einen technischen Standard gebracht werden, der im Personenverkehr Geschwindigkeiten von 160-200 km/h ermöglicht und im Güterverkehr eine Achslast von 25 Tonnen zulässt. Diesen Vorgaben entsprechend erneuert der Verkehrsbetreiber, die VR Ltd, ihr Rollmaterial bereits seit einigen Jahren. Die volle Ausnutzung der Eigenschaften des modernisierten Rollmaterials wurde durch den Zustand des Bahnnetzes und Kapazitätsmangel eingeschränkt. Schnelle Pendolino-Züge verkehren gegenwärtig auf zwei Strecken. Es ist das Ziel, in einigen Jahren den Verkehr mit Pendolino- und IC-Zügen auf eine Geschwindigkeit von 200 km/h auf den wichtigsten Strecken des Personenverkehrs auszuweiten.

In der Realisierung der Ersatzinvestitionen der letzten Jahre wurde die Erneuerung der Gleisoberbaukonstruktionen hoch priorisiert. Der Arbeitsumfang war bei unseren Verhältnissen relativ groß: ab der Mitte der 1990er Jahre sind 300 km Oberbaukonstruktionen pro Jahr erneuert worden, was rund 5% der Gesamtlänge des Bahnnetzes ausmacht. Die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Bahnnetzes wurde gleichzeitig durch den Umbau der Sicherheitseinrichtungssysteme auf computergestützte ferngesteuerte Systeme modernisiert, wobei ein ATC-System installiert und die Elektrifizierung erweitert wurde. Auf den Hauptstrecken Südfinnlands ist die Modernisierungsarbeit der Bahnkonstruktionen und Anlagen bereits weit fortgeschritten. Zur Zeit wird, nach dreißigjähriger Pause, mit dem Bau einer neuen, für schnellen Personenverkehr geplanten, 70 Kilometer langen Strecke von Helsinki nach Lahti begonnen.

Das Gleisnetz stellt in seinem heutigen Zustand hohe Anforderungen an die Instandsetzung. Bedingt durch die nördliche Lage unseres Landes ist eine effektive Instandhaltung des Oberbaus nur während 6-7 Monaten im Jahr möglich. Die nördlichsten Teile des Bahnnetzes gehen bis über den Polarkreis hinaus. Das Alter und die technologischen Unterschiede reichen von moderner Technik bis zu Jahrzehnte alten Konstruktionen und Anlagen.

3. Die Rolle der Bahnverwaltungszentrale
In dem Organisationsmodell der finnischen Bahnfunktionen ist die Bahnverwaltungszentrale (RHK) als Behörde für die Bestellung von Instandsetzungs- und Bauarbeiten, die Zugleitung und die Sicherheitsaufgaben zuständig. Die RHK ist somit als Inframanager des finnischen Systems tätig. Die Instandsetzungs- und Bauarbeiten der Bahninfrastruktur werden zum größten Teil aus öffentlichen Mitteln finanziert. Weitere Einkünfte bezieht die RHK in Form von Fahrweggebühren, die der Verkehrsbetreiber zahlt
und die derzeit rund 50% der Instandhaltungskosten ausmachen.

Vom Erzeuger der Instandhaltungsdiensleistungen wird ständig verlangt, die Produktivität zu steigern und die Einheitspreise zu senken. VR-Track ist es gelungen, den Realpreis der Instandhaltung um 3-5 % pro Jahr zu reduzieren. Neben der Verbesserung der Arbeitsproduktivität wurde die Entwicklung durch in den letzten Jahren durchgeführte Ersatzinvestitionen positiv beeinflusst. Die Qualitätskriterien des Instandsetzungsvertrags sichern, dass keine Kostenreduzierungen durch Vernachlässigung von erforderlichen Instandhaltungsarbeiten erzielt werden können.

Die RHK hat heute schon sieben Jahre als selbständige Bahnbehörde hinter sich. Das System kann als stabilisiert betrachtet werden und die Aufgabenverteilung sowohl gegenüber dem Verkehrsbetreiber als auch den Bahnbauunternehmen ist eindeutig. Man kann sagen, dass dieses finnische Modell funktioniert, zumindest in Finnland.

4. VR-Track Ltd, Funktion und Ressourcen
VR-Track Ltd wurde 1995 zur Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit der Bahnabteilung der Finnischen Staatsbahn gegründet. Die Gesellschaft ist als Instandhaltungs- und Bauunternehmen tätig, sie bietet Planungs- und Expertendienstleistungen der Bahntechnik an. Das Unternehmen besitzt einen eigenen Arbeitsmaschinenpark. Als ein nach privatrechtlichen Grundsätzen tätiges Unternehmen ist es in seinem Geschäftsbereich und seiner Geschäftsstrategie selbst verantwortlich. Es hat sich jedoch hinsichtlich seines Hauptgeschäftsbereichs für die Instandhaltung und den Bau der Bahninfrastruktur entschieden und betätigt sich nur in begrenztem Umfang als Allgemeinauftragnehmer.

Der Umsatz der VR-Track liegt in der Größenordnung von 250 M Euro, wovon die Aufträge des Hauptkunden, der RHK, 90% ausmachen. Das Unternehmen hat in jedem Jahr seines Bestehens ein positives Geschäftsergebnis erzielt und Dividenden gezahlt.
Das Personal beläuft sich zur Zeit auf 2600 Mitarbeiter. Ein Drittel des Personals sind Fachkräfte der Elektrotechnik und zwei Drittel Fachkräfte der Bahn- und Bautechnik. VRTrack ist im Besitz der wichtigsten Produktionsmittel, Stopfmaschinen, Montage- und Wartungsmaschinen für elektrifizierte Bahnstrecken, Oberbauwagen und Materialbeförderungsfahrzeuge usw. VR-Track investiert in Bahnbaumaschinen jährlich in einer Höhe von mindestens 10 M Euro und schätzt den derzeitigen Neuanschaffungspreis des Maschinenpark auf rund 150 M Euro.

Die Instandhaltungstätigkeit bildet die Hauptgeschäftstätigkeit und sichert dem Unternehmen die erforderliche Kontinuität. Gleichzeitig ermöglicht sie, den Nutzungsgrad der Produktionskapazität auf einem hohen Stand zu halten, auch unter den wechselhaften Witterungsbedingungen in Finnland, wo die Winter- und Sommerarbeiten stark voneinander abweichen. Finnlands Besonderheit besteht darin, dass die Sicherung des störungsfreien Verkehrs im Winter mehr Personal erfordert als die im Sommer durchzuführbaren Instandhaltungsarbeiten an Bahnkonstruktionen.

Für unseren Erfolg spricht, dass der Fahrplan im Fernverkehr (Verspätungen unter 5 min) zu über 90% und im Nahverkehrsbereich von Helsinki (Verspätungen unter 3 min) zu über 98% eingehalten wird. Von den Verspätungen wurde die Hälfte durch Störungen in den Bahnanlagen, Witterungsbedingungen oder Bauarbeiten verursacht.

5. Zielsetzung für Produktivität, Kostenniveau und Qualität
Die Instandhaltungskosten und Ersatzinvestitionen für die Eisenbahninfrastruktur sind bedeutende Kostenfaktoren. In Finnland belaufen sich die Instandhaltungs- und Betriebskosten und die Ersatzinvestitionen auf insgesamt rund 250 M Euro im Jahr. Die Gesamtkosten betragen 45 000 Euro pro Hauptstreckenkilometer. Aufgrund von Untersuchungen der UIC-Infrastrukturkommission sind die zum Vergleich umgerechneten ”harmonisierten” Kosten/Streckenkilometer in Finnland geringer als die Kosten der meisten europäischen Bahnen. Auf die Transportleistungen bezogen liegen die Kosten jedoch etwas über dem besten europäischen Niveau, ca. 0,02 Euro pro transportierten Tonnenkilometer und Personenkilometer.

Die Senkung des Kostenniveaus ist somit ein wichtiges Ziel für die Wettbewerbsfähigkeit der Bahnen. Die Entwicklung der Produktivität und des Kostenniveaus lässt sich am einfachsten anhand der Instandhaltung des gesamten Bahnnetzes verfolgen. Mit verschiedenen Mitteln konnten die Kosten der Grundinstandhaltung schon seit mehreren Jahren um 3-5 % pro Jahr gesenkt werden. Der personelle Arbeitseinsatz ist innerhalb von fünf Jahren um 30% zurückgegangen. Weitere Möglichkeiten zur Senkung der Kosten und zur Steigerung der Produktivität um 2-3% jährlich dürften vorhanden sein.

Außer der Kostenverfolgung ist es wichtig, das Qualitätsniveau der Instandhaltungsarbeiten und die Anzahl der Anlagefehler zu kontrollieren. Für die Zustandsüberwachung der Bahnstrecken besitzt die VR-Track einen eigenen EM-80 Messwagen und ein Analysierungssystem. Aufgrund der Messergebnisse hat sich der geometrische Zustand des Bahnnetzes in den letzten Jahren verbessert und übertrifft die Ziele des Kundens. Das gute Ergebnis wird sowohl durch gezielte Durchführung der Instandhaltungsarbeiten als auch gleichzeitig durchgeführte Ersatzinvestitionen zur Verbesserung der Bahnstrecken erzielt.

6. Funktionsleitsysteme und Datensysteme zur Steuerung der Instandhaltung
Die Instandhaltungsorganisation braucht, um effektiv funktionieren zu können, gemeinsame Werte, Ziele und Funktionsweisen. Zur Entwicklung und Vereinheitlichung unserer Tätigkeiten haben wir in unserem Unternehmen ein Leitsystem aufgebaut. Die drei wichtigsten Elemente dieses Systems sind ein nach der Norm ISO 9000 zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem, ein den Bahnverkehr und den Bau- und Instandhaltungsprozess umfassendes Sicherheitssystem und als drittes ein Umweltmanagementsystem. Das einheitliche Leitsystem sichert unseren Kunden auch eine hochwertige und vertragsgemäße Ausführung.

Gegenwärtig ändert VR-Track ihren Instandhaltungsprozess und installiert ein neues Datensystem zur Leitung der Instandhaltung. Für den Teil der elektrischen Anlagen ist das System bereits in Betrieb. Das Geräteregister umfasst nach Instandhaltungsobjekten geordnet Kontrolldaten, Messdaten und Fehlervorfälle. Aufgrund der Daten werden die Wartungsabläufe und die vorbeugende Wartung geplant. Mit Hilfe des Datensystems wird die Arbeitsvorbereitung erstellt, werden Arbeitsaufträge erteilt, die Arbeitsleistungen schriftlich festgehalten und die Kosten und Verfügbarkeitsdaten erfasst. Die planmäßige Instandhaltungs- und Reparaturarbeit kann für einen größeren Bereich programmiert werden als dies bei den bisher üblichen Arbeitsleitungsbereichen möglich war.

7. Arbeitsmaschinen für Bahninspektion und -instandhaltung
Bau, Inspektion und Instandhaltung einer modernen Bahninfrastruktur in hochwertiger und sicherer Weise sind ohne moderne Arbeitsmaschinen nicht möglich. Die Grundlage der Tätigkeit und der Wettbewerbsfähigkeit eines Bahnbauunternehmens ist ein für die Durchführung von Bahnarbeiten geeigneter, intakter Arbeitsmaschinenpark.

Für den Einsatz auf den Strecken von VR-Track sind rund 50 Bahnbaumaschinen, 100 finnische Oberbauwagen mit Schneeräumausrüstung und 200 Materialbeförderungswagen vorhanden. Eine finnische Besonderheit ist, dass wir zur Zeit in alle neuen Bahnbaumaschinen und in alle Oberbauwagen ATC Anlagen installieren, um auch die Sicherheit bei den Bahnarbeiten zu erhöhen.

Das in die Arbeitsmaschinen des Bauunternehmens gebundene Kapital ist wesentlich höher als bei einem ähnlich großen Unternehmen im übrigen Baubereich. Die effektive Betriebszeit der Maschinen beim Einsatz für Kundenaufträge liegt unter finnischen Bedingungen nur bei 1000-1500 Stunden pro Jahr. Es ist unser Ziel, den Nutzungsgrad um mindestens 20% anzuheben und die Anzahl der Maschinen sowie das gebundene Kapital im gleichen Verhältnis zu reduzieren. Die wichtigsten Instandhaltungsmaschinen sollen jedoch schneller erneuert werden als dies nach der alten Strategie erfolgte.

8. Entwicklung der Märkte
In die Entwicklung der Bahninfrastruktur, in Ersatzinvestitionen und in die Instandhaltung werden in Finnland rund 350 M Euro pro Jahr investiert. In den kommenden Jahren reduziert sich infolge des Baus neuer Strecken, der Sicherheitssysteme und des GSM-R Funknetzes die Zahl der Ersatzinvestitionen für das alte Bahnnetz. Bei den Oberbauarbeiten kann ein Rückgang von 30-50% eintreten.

Der Bahnbaumarkt in Finnland wurde vor sieben Jahren geöffnet. VR-Track hat weiterhin einen Marktanteil von 70% und konkurrierende Bahnbauunternehmen mit gleicher Wettbewerbsstrategie sind in Finnland nicht entstanden. Die Mitbewerber sind in ihrem eigenen Spezialbereich tätig, u.a. als Lieferant von Sicherheitssystemen, Elektrifizierungsarbeiten oder Tiefbauarbeiten und als Brückenbauunternehmen im Eisenbahnbereich. Der Inframanager (RHK) verfolgt die Entwicklung des Marktes und die Erfahrungen in verschiedenen Ländern und setzt sich für eine kontrollierte Entwicklung funktionsfähiger Märkte in Finnland ein. VR-Track versteht und fördert diese Entwicklung. Das Unternehmen betont jedoch, dass die Mitbewerber unter gleichwertigen kommerziellen Bedingungen und mit gleicher Verantwortung wie die VR-Track tätig werden.

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