Zusammenfassung
Leitung:
Dipl.-Ing. Helmut HAINITZ, Generaldirektor-Stellvertreter der ÖBB, Österreich
Teilnehmer:
OGILVIE Nigel
Eaton Ford Consultants, GB
Impulsreferat: "Lehren aus der Privatisierung von British Rail"
AUGUSTOWSKI Tadeusz
Präsident der Infrastrukturdirektion der PKP, Polen
GOOSSENS, Hugo
General Manager, NV TUC-RAIL, Belgien
JUNKER Klaus, Dipl.-Ing.
Vorstand Betrieb / Streckenmanagement, DB-Netz AG, Deutschland
ORAM David
Assistant Chief Engineer Production, CSX Transportation Inc., USA
RUSSELL Wayne E.
Vice President & Chief Engineer, Florida East Coast Railway Co., USA
ZUZIC Michael, Dipl.-Ing.
Leiter des Geschäftsbereiches Fahrweg, ÖBB, Österreich
Unter dem Titel „Lehren aus der Privatisierung von British Railways“ gab Nigel Ogilvie eine pointierte Darstellung über die Entwicklung bei Railtrack.
Daran schloss sich eine angeregte Diskussion unter Leitung von Herrn Hainitz an.
Er stellte eingangs fest, dass alle Eisenbahnen im Prinzip ähnliche Erfahrungen mit der Privatisierung gemacht haben. Durch Bemühen der Politiker, die finanzielle Situation der Bahnen positiv zu beeinflussen, werden über Gesetzesänderungen Pendelbewegungen in eine oft gegenläufige Richtung erzeugt. Da die Wahlperioden der Politiker aber sehr viel kürzer sind als die „life cycle“ der Infrastrukturanlagen, stellen sich die Auswirkungen dieser veränderten Randbedingungen erst sehr viel später ein.
Hainitz wies darauf hin, dass selbst bei kompletter Fremdvergabe, die oft als Weisheit letzter Schluss angesehen wird, die Bahnen in ihrer Hausherrenfunktion stets noch über ein kompetentes Team von Fachleuten verfügen müssen, welche die erbrachten Leistungen beurteilen und abnehmen können. Dabei ist die Bahn kein geschützter Partner mehr am Markt. Sie muss zunehmend nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen geführt werden.
Die Chance eines frühzeitigen Zusammenschlusses der Bahnen bei den unterschiedlichsten Aktivitäten wurde verpasst. Vieles davon wird jetzt über Brüssel angeordnet, was von den Bahnen vorher bereits hätte erledigt werden können.
Im Rahmen der Kurzbeiträge von Teilnehmern aus Europa und USA stellte zuerst Augustowski (PKP) die Restrukturierung der PKP in mehrere Kapitalgesellschaften vor, die er anhand von Organigrammen erläuterte. Die Infrastruktur wird von der PKP - PLK A.G. gemanagt. Die Strecken werden den Betreibern zur Verfügung gestellt. Das sind: PKP - Cargo, PKP - Intercity, PKP - Regional sowie private Gesellschaften. Die Instandhaltungsgesellschaft und die Energiebetriebe wurden ausgegliedert, während die Eisenbahnvermessung, die Immobilien sowie die Wartung bei der Bahn verbleiben. Die Strecken werden derzeit an die Anforderungen der EU angepasst. Der Ausbau der international festgelegten Korridore wird vorangetrieben. Herr Augustowski unterstrich, dass die Infrastruktur durch einen wirtschaftlich Verantwortlichen betrieben werden muss. Auch müssen einheitliche Grundsätze für die Technik und die Festlegung der Trassenpreise gelten.
Junker (DB AG, Netz) stellte die Frage „Warum schaffen wir es nicht mehr, im System zu denken?“ und stellte fest, dass die Bahn als ein Gesamtsystem zu betrachten ist und damit das Systemdenken erhalten bleiben muss. Nachwuchskräfte sollen künftig wieder vermehrt in diesem Sinne geschult werden. Nach seiner Ansicht war die Privatisierung von British Railways richtig und sie erweist sich auch bei der Deutschen Bahn als der richtige Weg. Dabei darf allerdings die Verantwortung für den Zustand und für die Sicherheit der Anlagen nicht in private Hände gegeben werden. Auch darf der Ertrag nicht das alleinige Maß aller Dinge sein bei Entscheidungen über die technische Notwendigkeit einer Maßnahme.
Goossens (TUC-RAIL) wies darauf hin, dass die später einmal erforderlich werdenden Sperrpausen ein wichtiges Kriterium für die Wahl der richtigen Fahrwegkonstruktion sind. Dabei stört die regelmäßige Instandhaltung den Betriebsablauf deutlich weniger als eventuelle vorzeitig anfallende Umbauten und Erneuerungen.
Oram (USA) stellte sein Netz vor, welches überwiegend eingleisig ist und mit maximal 40 - 60 mph betrieben wird. Um die Betriebsbehinderungen im Netz zu reduzieren, wurden Sperrpausen auf zusammenhängenden Streckenabschnitten eingeführt, um dann z.B. bei 3 x 10 Std. Gleissperrung mit maximaler Leistung und dem Einsatz von moderner Gleisbautechnologie so viele Arbeiten wie möglich auszuführen.
Zuzic (ÖBB) sieht gelassen in die Zukunft, da nach seiner Ansicht alle Bahnen auf dem richtigen Weg sind. Dabei gilt es, bei gleicher Qualität die Kosten weiter zu senken. Um die wirtschaftlichen Ziele zu erreichen, muss das know-how im Unternehmen erhalten bleiben. Um dies sicherzustellen, sollte ein Mindestanteil an Eigenleistung der Bahn von 10 % nicht unterschritten werden. Dabei muss der Systemgedanke bei den Bahnen weitergepflegt werden.
Russel (USA) betreibt ein relativ kleines Netz, welches ausschließlich mit Betonschwellen ausgerüstet ist, welche bereits über 30 Jahre im Gleis liegen und nun teilweise ausgewechselt werden müssen.
Herr Hainitz fasste zusammen und stellte dabei fest, dass die Probleme bei den Bahnen alle sehr ähnlich sind.
Verglichen mit dem großen Transportaufkommen über weite Entfernungen in den USA sind allerdings die Aufwendungen der europäischen Bahnen für die Transporte in einem stark vernetzten Netz anders zu bewerten.
In der abschließenden Diskussion stellte Mundrey (Indische Eisenbahn) die Frage nach der optimalen Organisationsform.
Diese ideale Organisationsform gibt es nach Hainitz nicht, weil jeweils unterschiedliche Strukturen und Randbedingungen zu berücksichtigen sind. Dabei befinden sich die Bahnen im Spannungsfeld zwischen der vollen Verstaatlichung und der kompletten Privatisierung.
Nach Ansicht von Hainitz ist jede Bahn derzeit versucht, auf eigene Art glücklich zu werden und gegenüber dem jeweiligen Eigentümer zu bestehen. Dabei gilt es, die Qualität zu steigern, bei gleichzeitiger Senkung des Kostenaufwandes. Parallel dazu müssen die Wünsche des Kunden im Auge behalten werden und hier insbesondere seine Forderungen nach Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit befriedigt werden.
Es bleibt das Problem der Finanzierung des „Systems Bahn“, welches einerseits als Daseinsvorsorge eingestuft wird und bei dem man sich andererseits die Börsenfähigkeit auf die Fahnen geschrieben hat. Für diesen Spagat gibt es leider keine allgemein gültige Patentlösung.
Die Zusammenfassung der Podiumsdiskussion wurde erstellt von
Herrn Dipl.-Ing. Wolfgang Thiele
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