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Veit/Wogow. Fahrweginstandhaltung auf Basis von Life-Cycle-Cost Berechnungen

Langfassung

1 Projektaufbau
Das Projekt „Instandhaltungsstrategie Fahrweg“ der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) ist aus einer Zusammenarbeit des Geschäftsbereichs Fahrweg der ÖBB mit dem Institut für Eisenbahnwesen und Verkehrswirtschaft der Technischen Universität Graz entstanden. Ziel des Projekts ist eine technisch-wirtschaftliche Optimierung der Errichtung und Instandhaltung des Fahrwegs. Das Projekt umfasst bis dato folgende Teilprojekte:

  • Strategie Oberbau Gleise,
  • Forschung zum Qualitätsverhalten des Oberbaus (Gleise),
  • Strategie Weichen,
  • Strategie Brücken,
  • Strategie Eisenbahnkreuzungen sowie
  • eine Untersuchung zur Kostenrelevanz der Wechselwirkung Fahrzeug –
    Oberbau bei unterschiedlichen Konstruktionsprinzipien von Triebfahrzeugkonstruktionen.

Das Projekt „Instandhaltungsstrategie Fahrweg“ beschäftigt sich jedoch nicht nur mit der Erarbeitung theoretischer Grundlagen und deren wirtschaftlicher Bewertung, sondern ist auch für die Umsetzung in Form der Adaption von Richtlinien und flächendeckender Schulung der mit der Fahrweginstandhaltung beschäftigen Mitarbeiter der ÖBB verantwortlich. Gleichzeitig unterstützt das Projekt die Einführung neuer technischer Entwicklungen.

2 Methodik
Da bereits bei den vorhergegangenen Tagungen des Arbeitsausschusses Oberbau der Österreichischen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft, Arbeitsausschuß Fahrweg, das wirtschaftliche Bewertungsmodell und die ersten Teilergebnisse vorgestellt werden konnten, soll hier auf die wesentlichsten Ergebnisse der Teilprojekte eingegangen werden, wobei auch der Stand der Umsetzung präsentiert wird.

Grundsätzlich basiert die wirtschaftliche Bewertung auf Lebenszykluskosten, wobei immer ein Strategieansatz mit der gegenwärtigen Situation verglichen wurde. Die Lebenszykluskosten wurden für verschiedene, die Anlage- und Verkehrsverhältnisse der ÖBB beschreibende Normelemente (typische Streckengleise, Standardweichen, Standardbrücken) erarbeitet. Die Grunddaten zur Bestimmung der Lebenszykluskosten sind Arbeitszyklen der jeweiligen Normelemente. Diese Arbeitszyklen beschreiben unter welchen Randbedingungen sich bei definierten Qualitätsniveaus welche Instandhaltungsintensität ergibt (was ist wann zu tun) und welche Nutzungsdauer erreicht wird. Die Arbeitszyklen konnten innerhalb fachspezifischer Arbeitsgruppen bestimmt werden, wobei zur Absicherung dieser Daten umfangreiche Plausibilitätstests in Form verschiedenster Hochrechnungen auf das gesamte Streckennetz und bestimmte Netzteile durchgeführt wurden.

Die sich schließlich ergebenden Zahlungsströme waren damit abgesicherte Eingangsdaten in dynamische Wirtschaftlichkeitsrechnungen, wobei wegen der spezifischen Situation interner Rationalisierungsinvestitionen im Zug der Bewertung neben dem Internen Zinssatz der Kapitalwertfunktion hohe Bedeutung zukommt.

3 Analyse der Ist-Situation
Ein in dieser Schärfe nicht erwartetes Ergebnis war die Kostenverteilung der Instandhaltungskosten in die Positionen Abschreibung, Betriebserschwerniskosten und Instandhaltung (Abbildung 1).

Abbildung 1: Analyse gegenwärtiger Jahreskosten des Oberbaus verschieden stark belasteter zweigleisiger Strecken

Die Dominanz der Abschreibung bei allen untersuchten Verkehrsbelastungen zeigt, dass der strategische Ansatz für Oberbaustrategien eine Verlängerung der Liegedauer sein muss. Eine Verkürzung der Liegedauer kann auch trotz gleichzeitiger Reduktion der Instandhaltung nicht wirtschaftlich sein. Weiters erkennt man die Bedeutung der Betriebserschwerniskosten für mittel bis stark belastete Strecken. Diese Kosten sind bei der Wahl der Oberbaustrategie in diesen Bereichen entscheidungsrelevant. Die Höhe dieser Kosten führt unter anderem dazu, dass das Einrichten von Dauerlangsamfahrstellen generell die unwirtschaftlichste Möglichkeit ist Instandhaltungskosten zu sparen. Diese ursprünglich für den Oberbau – Gleise erhaltene Kostenaufteilung hat sich im wesentlichen auch für Weichen und Brücken bestätigt.

4 Ergebnisse
Generell können damit die Ergebnisse für Gleise und Weichen sehr einfach zusammengefasst werden:
1. Eine hohe Ausgangsqualität ist der Schlüssel zum Erfolg.
2. Langsamfahrstellen sind extrem unwirtschaftlich.
3. Eine Verlängerung der Liegedauer ist aus wirtschaftlicher Sicht anzustreben und darf auch etwas kosten.

4.1 Ergebnisse Gleise
Es wurden Streckengleise mit unterschiedlichen

  • Unterbauqualitäten,
  • Verkehrsbelastungen,
  • Radienverteilungen und
  • Oberbauformen

untersucht. Die wesentlichen Strategieansätze einschließlich der Hauptergebnisse für freie Streckengleise sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

tägliche Gleisbelastung > 30.000 Bt 5.000 – 30.000 Bt < 5.000 Bt
Höchstmögliche Ausgangsqualität ja ja1 ja2
Unterbausanierung ja ja3 ja3
Schwererer Oberbau ja ja ja2
Verschweißen von Schienen ja ja4 ja4
Rahmenschwellen ja, derzeit im Versuchsstadium nein
Integrierte Instandhaltung ja derzeit nein nein
Langsamfahrstellen nein nein5 nein5
Zusätzliche Schotterbettreinigung nach halber Liegedauer (bei gutem Schotter auf gutem Unterbau) nein nein nein
Fester Fahrbahn auf Erdbauplanum nein nein nein
Konzentrierter Einzelschwellenwechsel
am Ende der Liegedauer
nein nein6 ja7
Permanenter Einzelteilewechsel statt zyklischer Instandhaltung nein nein nein8
Minimalinstandhaltung nein nein nein


Tabelle 1: Hauptergebnisse Gleise

1 Einbau von wiederaufgearbeiteten Altschienen möglich
2 grundsätzlich Einbau von wiederaufgearbeiteten Altstoffen
3 im Zug einer erforderlichen Gleisneulage
4 auch bei schon bestehendem Oberbau bis zur Hälfte der Liegedauer sinnvoll
5 bei fehlenden Investitionsmitteln und keinen negativen Auswirkungen auf Betrieb als Übergangslösung kurzfristig denkbar
6 bei fehlenden Investitionsmitteln als Übergangslösung denkbar, wenn technische Randbedingungen erfüllt: Holzschwellen, V < 60 km/h, p < 0,654 m/s2, keine Erhöhung der Achslasten vorgesehen
7 wenn technische Randbedingungen erfüllt
8 nur bei baldiger Stillegung der Strecke sinnvoll

  • Neben der hohen Ausgangsqualität hat sich vor allem die Sanierung nicht zufriedenstellender Unterbauqualitäten als sehr wirtschaftlich herausgestellt.
  • Ebenso bestätigt sich die Tendenz zu schwereren Oberbauformen, wobei für stark belastete Strecken im Netz der ÖBB ein Oberbau mit UIC 60 Schienen auf Betonschwellen empfohlen werden kann.
  • Die Rahmenschwelle befindet sich derzeit noch im Versuchsstadium. Auf Basis bisheriger Messergebnisse und trotz sehr vorsichtiger Ansätze kann von einer Wirtschaftlichkeit dieser neuen Oberbauform ausgegangen werden.
  • Die Integrierte Instandhaltung ist eine Kombination von Stopfen und Schleifen in einer Sperrpause. Die in Versuchen erreichten hohen Qualitäten lassen auch eine hohe Wirtschaftlichkeit dieser Instandhaltungsmethode erwarten.
  • Der Einbau von Fester Fahrbahn auf Erdbauplanum wird als nicht wirtschaftlich bewertet, wobei vor allem die dazu erforderlichen Maßnahmen im Bereich Unterbau und die langen Sperrpausen zu diesem Ergebnis führen.
  • Vor der Strategie des permanenten Einzelteilewechsels kann nur eindringlich gewarnt werden. Es werden dabei im Vergleich zur zyklischen Instandhaltung geringe Qualitäten erreicht, sodass der permanente Einzelteilewechsel ausschließlich für sehr schwach belastete Strecken empfohlen werden kann, und auch das nur, wenn die Stilllegung der Strecke bevorsteht.
  • Übermäßig reduzierte Instandhaltung wirkt sich negativ auf die Liegedauer aus und ist daher extrem unwirtschaftlich.

4.2 Ergebnisse Weichen
Er wurden einfache Weichen in der Gerade und im Bogen und Doppelte Kreuzungsweichen in der Gerade untersucht, wobei die

  • Abzweigradien,
  • Schienenformen,
  • Verkehrsbelastungen und
  • Unterbauqualitäten

variiert wurden.

Die wesentlichen Strategieansätze, einschließlich der Hauptergebnisse für Weichen in Streckengleisen, sind in Tabelle 2 zusammengefasst.

  • Die Unterbausanierung ist noch bedeutender, als sie es bei den Gleisen bereits war, da Weichen als Bauteile mit geringeren zulässigen Toleranzen auf unzureichende Unterbauqualitäten sehr sensibel reagieren. Das Beheben der Auswirkungen von unzureichenden Unterbauqualitäten ist – wie auch bei Gleisen – im Vergleich zur Behebung der Ursachen immer unwirtschaftlich.
  • Bei der singulären Betrachtung von Weichen zeigen immer jene Schienenformen die besten Ergebnisse, die auch für gleich belastete Streckengleise empfohlen werden konnten.
  • Bei Weichen in nicht sehr hoch belasteten Strecken kann der Wechsel des Schwellensatzes empfohlen werden. Bei der Neulage der gesamten Weiche sind Weichen mit Betonschwellen sinnvoll (Ausnahme in Verschubbahnhöfen).
  • Reduzierte Instandhaltung wirkt sich sehr negativ auf die Liegedauer aus und ist daher extrem unwirtschaftlich.

tägliche Gleisbelastung > 30.000 Bt 5.000 – 30.000 Bt < 5.000 Bt
Höchstmögliche Ausgangsqualität ja ja ja
Unterbausanierung ja ja ja9
Langsamfahrstellen nein nein nein10
Schwere Weichen ja11 ja11 ja11
Integrierte Instandhaltung ja derzeit nein nein
Zusätzliche Schotterbettreinigung nach halber Liegedauer (bei gutem Schotter auf gutem Unterbau) nein nein nein
Bewegliche Herzstücke ja - -
Wechseln des Schwellensatzes nein ja12 ja12
Betonschwellen für B- und C- Weichen ja ja ja
Minimalerhaltung nein nein ja


Tabelle2: Hauptergebnisse Weichen

9 im Zuge einer erforderlichen Neulage
10 bei keinen negativen Auswirkungen auf den Betrieb
11 in Abstimmung mit Gleisen
12 wenn Fahrbahn die Verlängerung der Nutzungsdauer erlaubt

4.3 Ergebnisse Brücken
Es wurden

  • Gewölbe,
  • Trägerbetonbrücken,
  • Betonbrücken und
  • Stahlbrücken
untersucht, wobei neben der Verkehrsbelastung auch die bisherige Nutzung und Instandhaltungsintensität berücksichtigt wurde.

Es konnte eine Vorgangsweise zur Bestimmung des optimalen Zeitpunkts für die Reinvestition sowie zur Auswahl von Instandhaltungsstrategien definiert werden. Dabei wurden für die verschiedenen Normbrücken, die ihre technische Nutzungsdauer erreicht haben, die wirtschaftlichen Grenzen für zusätzliche Instandhaltungsmaßnahmen bestimmt. Der frühzeitige Ersatz von Brücken vor Erreichen der technischen Nutzungsdauer, ist jedoch wegen des hohen Anlagevermögens keineswegs über Einsparungen im Bereich der Instandhaltung argumentierbar (Abbildung 2).

Es zeigt sich, dass auch bei Brücken der Anfangsqualität an spezifischen kritischen Stellen (Lager, Abdichtung) höhere Aufmerksam gewidmet werden sollte.
Vor allem bei Stahlbrücken und Gewölben wirken sich drastische Reduktionen der Instandhaltung (nur Durchführung unmittelbar sicherheitsrelevanter Maßnahmen) sehr negativ auf die Nutzungsdauer aus und sollten daher vermieden werden.

Abbildung 2: Schema zur Bestimmung des optimalen Ersatzzeitpunktes für Brücken

5 Qualitätsverlauf von Gleisen
Basis der Untersuchungen ist die Analyse der Messwagendaten des österreichischen Oberbaumesswagens. Die Auswertung erfolgt für die MDZ-Ziffer, eine Komfortkennzahl, die die Fahrzeugreaktion auf Gleislagefehler beschreibt.

Es kann nachgewiesen werden, das die Gleislagequalität einer e-Funktion gehorcht, und zwar der Funktion

Q(t) = Q0 . ebt
mit:
Q(t)..............aktuelle Qualität [MDZ-Ziffer]
Q0................Ausgangsqualität [MDZ-Ziffer]
b...................Verschlechterungsrate

Weiters kann gezeigt werden, dass es mit keiner Instandhaltungsmaßnahme gelingt, die Ausgangsqualität wieder zu erreichen. Dies unterstreicht die Bedeutung der Ausgangsqualität und der Notwendigkeit der Betrachtung von Lebenszykluskosten, da damit Investition – verantwortlich für die Ausgangsqualität – und Instandhaltung – als Konsequenz der Ausgangsqualität – gemeinsam betrachtet werden.

Der Verlauf der Gesamtqualität setzt sich aus Verschlechterungsfunktionen und den durch die Instandhaltungsmaßnahmen erreichbaren Verbesserungen zusammen und folgt einer ähnlichen e-Funktion.

Auf Basis dieser funktionellen Zusammenhänge kann gezeigt werden, dass von den grundsätzlich möglichen Arten der Eingriffsschwelle
  • konform,
  • konstant oder
  • gegenläufig

für guten Unterbau bei allen Anlage- und Verkehrsverhältnissen eine konforme Eingriffsschwelle die besten wirtschaftlichen Ergebnisse erlaubt (Abbildung 3).

konforme Eingriffsschwelle bei gutem Unterbau die wirtschaftlichste Option
konstante Eingriffsschwelle
gegenläufige Eingriffsschwelle bei gutem Unterbau die unwirtschaftlichste Option

Abbildung 3: Vergleich verschiedener Eingriffsschwellen

Der nächste Schritt ist die Bestimmung der absoluten Lage der Eingriffsschwelle. Dies ist nur mehr anlagen- und verkehrsspezifisch möglich, erste Ergebnisse werden Ende 2002 vorliegen.

6 Zusammenhang Fahrzeugqualität - Oberbauinstandhaltung
In diesem Teilprojekt wurden bisher die Auswirkungen unterschiedlicher Triebfahrzeuge auf die Instandhaltung freier Streckengleise untersucht. Dabei wurden die Verschleißzustände am Oberbau (Verschleiß und Lagefehler) einerseits den einwirkenden Kräften des Fahrzeuges

  • Q dynamisch (als Maß für die Vertikalbelastung)
  • Y quasistatisch (zur Beschreibung der Radialeinstellbarkeit) sowie
  • Summe Y (als Summenkraft zur Verschiebung des Gleisrosts) und

andererseits den zur Behebung erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen zugeordnet (Tabelle 3).

Instandhaltungsmaßnahme abhängig von
Gleisarbeit Q dynamisch Y quasistatisch Summe Y
Zwischenlagenwechsel 10% 90% 0%
Schienenschleifen Riffel R > 600 m 10% 90% 0%
Schienenschleifen Schlupfwellen Unabhängig
Schienenwechseln (Dauerbruch) reduzierte Nutzungsdauer bei Überschreiten der zulässigen Schienenspannungen
Schienenwechseln (Verschleiß) 0% 100% 0%
STOSSGLEIS (R < 250 m)
Stoßpflege 50% 50% 0%
Kleine Durcharbeitung ohne Teilewechsel 40% 0% 60%
Kleine Durcharbeitung mit Teilewechsel 50% 20% 30%
LÜCKENLOS VERSCHWEISSTES GLEIS (R > 250 m)
Kleine Durcharbeitung ohne Teilewechsel 40%/60%/80% 0% 60%/40%/20%
Kleine Durcharbeitung mit Teilewechsel 40%/60%/80% 30%/20%/0% 30%/20%/20%

Tabelle 3: Wechselwirkung Triebfahrzeuge – Oberbauinstandhaltung

Damit können die Auswirkungen verschiedener Triebfahrzeuge auf die Kosten der Oberbauinstandhaltung nachgewiesen werden (Abbildung 4). Die Auswirkungen wurden relativ zum Triebfahrzeug 1044 mit Querkupplung ausgewertet, wobei sämtliche Triebfahrzeuge ohne irgendeine Möglichkeit der Radialeinstellung zu Mehrkosten, alle Triebfahrzeuge mit Radialeinstellungen zu Einsparungen führen.

In Abbildung 4 sind nur Triebfahrzeuge mit 2-achsigen drehgestellten behandelt.

Abbildung 4: Kostenwirksamkeit verschiedener Triebfahrzeuge im Bereich Oberbauinstandhaltung

Aus dieser Untersuchung wurde die Forderung nach Berücksichtigung unterschiedlicher Konstruktionen von Treibfahrzeugen in der Benützungsgebühr abgeleitet – beispielsweise mittels Bonus-, Standard- und Malusfahrzeugen.

7 Stand der Umsetzung
Bereits beim Startschuss des Projektes vor einigen Jahren wurde von der Geschäftsbereichsleitung Fahrweg der Auftrag an das Projektteam erteilt, die jeweiligen Erkenntnisse rasch zur Anwendung zu bringen. Erreicht wurde dies durch

  • Adaption der Richtlinien,
  • Schulungen in allen Regionalleitungen,
  • konstruktive Änderungen an einzelnen Oberbaukomponenten,
  • Optimierung von Instandhaltungsprozessen,
  • Einführung der Integrierten Instandhaltung,
  • Ermittlung des Basisbedarfes für die Finanzierungsverhandlungen und
  • einem ständigen Controlling der Auswirkungen wie beispielsweise der Produktivitätsentwicklung.

7.1 Konstruktionsänderungen
Der beste Zeitpunkt für einen maßgeblichen Strategiewechsel ist der Zeitpunkt der Erneuerung einer Anlage. Hier wird durch Wahl der richtigen Komponenten und Einbauverfahren der Grundstein für die künftige Instandhaltung und Lebensdauer gelegt. Daher wurden an einzelnen Oberbaukomponenten konstruktive Änderungen vorgenommen.

  • Bei den Schwellen konnte eine stärkere Dimensionierung ausgeschrieben werden. Konkret wurde die Länge auf 2,60 m angehoben, die Befestigungsart Skl von Vossloh wurde beibehalten. Das Angebotsergebnis hat nicht die erwarteten Kostenerhöhung gebracht, womit finanzieller Spielraum für weitere Verbesserungen gegeben ist.
  • Für UIC 60 Schienen wurde der Einsatzbereich in engere Bögen erweitert. Wurden früher UIC 60 Schienen nur in Radien bis 500 m verlegt, so wurde der Einsatzbereich bis zu einem Radius von 250 m erweitert.
  • Gleichzeitig wurde die Verwendung von kopfgehärteten Schienen (HSH) in engen Radien forciert, seit einigen Jahren werden in Radien unter 350 m HSH Schienen standardmäßig verlegt. HSH Schienen werden in den engen Bogen nicht nur bei der Gleiserneuerung sondern auch bei Schienenauswechslungen verwendet.
  • Mit der Semmeringbergstrecke existiert in Österreich eine extreme Herausforderung an die Instandhaltung. Auf dieser Gebirgsbahn werden pro Gleis etwa 20 Mio. Tonnen jährlich abtransportiert, bei engsten Radien von 170 m. Für derartige Einsatzfälle wird seit einigen Jahren die Rippenplatte mit der Holzschwelle verklebt. Durch diesen Bergstreckenoberbau konnte bei den Oberbauinstandhaltungskosten auf der Semmeringstrecke, die bis zum 10-fachen von anderen Hauptstrecken betragen, beachtliche Einsparungen erzielt werden.
  • Bei UIC 54E Weichen, in Österreich als C Weichen bezeichnet, findet zur Zeit eine Adaption der Konstruktion statt. Dabei wird hinkünftig, sowie heute bereits bei den UIC 60 Weichen, auch bei den C-Weichen ein Mangangussherz verwendet.
  • Weiters werden auch für C-Weichen analog den UIC 60 Weichen Betonschwellensätze angeboten.
  • UIC 60 Weichen werden ab 2002 mit einem Hydrolinkantrieb ausgerüstet. Dadurch kann die Einbauzeit verkürzt und die künftige Instandhaltung vereinfacht werden.
  • Die vielversprechenden Versuche zur Minimierung der Schotterpressung werden fortgeführt. Dafür werden bei einzelnen Erneuerungsabschnitten Rahmenschwellen eingebaut.
  • Weiters werden Versuche mit besohlten Betonschwellen auch auf Weichenbetonschwellen ausgeweitet. Der Versuch wird 2002 vorbereitet, Weichen mit besohlten Schwellen werden 2003 in einem Abschnitt, der mit 200 km/h befahren wird, eingebaut.
  • Bei Gleiserneuerungen im Hauptnetz wird der Einbau von Untergrundverstärkungen aufgrund der hohen Bedeutung für die künftigen Lebenszykluskosten weiterhin forciert. Bodenuntersuchungen zur Baustellenvorbereitung ein Jahr vor der Erneuerungsarbeit wurden für diese Netzkategorie verpflichtend gemacht.
  • Das Teilprojekt Weichenstrategien hat gezeigt, dass einem tragfähigen Untergrund im Weichenbereich eine noch größere Bedeutung als bei Gleisen zukommt. Daher ist bei Weichenbereichen im Hauptnetz generell eine Planumsverbesserung einzuplanen, ausgenommen durch eine Untersuchung wird nachgewiesen, dass diese Untergrundverstärkung nicht erforderlich ist.

Diese Änderungen wurden unter anderem in einer neuen Richtlinie zur Auswahl der Oberbaustoffe für Gleise und Weichen zusammengefasst (Tabelle 4).

Netzkategorie A Netzkategorie B Netzkategorie C
Gleisränge a und b
Schwellenabstand 600 mm

R > 250 m
UIC 60-lv-Be
Weichen UIC 60 (Be); bei V > 200 km/h mit beweglichem Herz


R < 250 m
B, (C)-Bu (Ei) 1 (4)-Rp+Rp -Skl12
Weichen C (H)


nach Erfordernis Rp geklebt
R < 350 m Schienengüte HSH
Schiene 71b, nach Abstimmung mit GB


Gleisrang c
Schwellenabstand 650 mm

Schienenform B (C), Stoffe alt
Weichen B, C (H), analog Schienen
Gleisränge a und b
Schwellenabstand 600 mm

Belastung > 30.000 Brt
UIC 60-lv-Be
Weichen UIC 60 (Be)

30.000 > Belastung > 10.000 Brt
Schienenformen UIC 60 (vorzugsweise alt), C und B neu, auf Beton/Holz, bei Holz mit Skl12
Schiene UIC 60, Weichen UIC 60 (Be), Schiene C oder B,
Weichen C (H)

Belastung < 10.000 Brt
Schienenform B (C) alt
Schwelle Be alt, Holz neu
Weichen C (B) auf Holz

Gleisrang c
Schwellenabstand 650 mm

Schienenform B (C), Stoffe alt
Weichen B, C (H), analog Schienen
Gleisränge a, b und c
Schwellenabstand 650 mm
Schienenform B (C), grundsätzlich Altstoffe
Weichen B, C (H), analog Schienen
Auswechslung im Zusammenhang (abschnittsweise) Ausbau und Austausch exotischer Formen zum langfristigen Standard B – Beton/Holz, bzw. Xa

Tabelle 4: Oberbaustoffe für Gleise und Weichen

7.2 Adaption von Instandhaltungsprozessen
Eine Änderung der Instandhaltungsstrategie mitten im Lebenszyklus einer Oberbauanlage bringt im Vergleich zu der Änderungen im Zuge der Erneuerung immer ein vergleichsweise geringes Einsparungspotential. Zudem ist dabei die Gefahr einer Liegedauerverkürzung durch Sparmaßnahmen am falschen Platz gegeben. Trotzdem gewinnen diese Maßnahmen im Hinblick auf kurzfristige Finanzierungsengpässe sehr stark an Bedeutung, vor allem wenn dieses Potential in kurzer Zeit lukriert werden muss.

  • Deshalb wurden im Projekt Netzkonsolidierung II im Jahr 1999 die Erkenntnisse aus dem Strategieprojekt in erzielbare finanzielle Einsparungen übersetzt. Die wichtigsten Maßnahmen dabei waren:
  • Die Optimierung der Gleisstopfungen mittels dem Mechanisiertem Umbauzug (MDZ). Als Ziel wurde die Reduktion der Jahresleistung um 400 km mit einer jährlichen Einsparung von 3,5 Mio. Euro fixiert.
  • Ebenso wurde bei den Weichenstopfungen die Absenkung der Jahresleistung festgelegt, mit einer jährlichen Einsparung von etwa 1 Mio. Euro. Diesen Maßnahmen ist die Analyse der Stopfleistungen vorangegangen.
  • Eine überraschende Erkenntnis in dem Projekt war, dass eine standardisierte Schotterbettreinigung in der Mitte der Lebensdauer bei gutem Unterbauzustand und guten Schotterqualitäten die Wirtschaftlichkeit nicht positiv beeinflusst. Die Umsetzung dieses Ergebnisses ergibt ein Einsparungspotential von etwa 1 Mio. Euro pro Jahr.
  • Bei Brücken wurden die Einsparungen an Oberbauinstandhaltung durch Erneuerung der Brücken mit durchgehendem Schotterbett nach dem 4-jährigen Betrachtungszeitraum mit jährlich etwa 180.000 Euro beziffert.
  • Ebenso wurde durch den Einsatz des vorher beschriebenen Bergstreckenoberbaus ein Einsparungspotential von über 400.000 Euro/Jahr nachgewiesen.
  • Schließlich erweist sich auch im Hinblick auf eine rasche Wirkung die konsequente Verstärkung des Unterbauplanums mit einem Sparpotential von über 1 Mio. Euro/Jahr als eine der wirksamsten Maßnahmen.

Sämtliche dieser 1999 definierten Maßnahmen wurden bis dato erfolgreich umgesetzt, teilweise konnten die erwarteten Effekte übertroffen werden.

7.3 Einführung der Integrierten Instandhaltung
Das Limit der Jahresstopfleistung mit dem MDZ wurde um 200 km unterschritten, womit die Jahresstopfmenge zuletzt bei 1600 km lag. Gleichzeitig wurde auch ein deutliches Absinken der jährlichen Schienenschleifleistung beobachtet. Während die Absenkung der Stopfleistung den Erkenntnissen laut Strategieprojekt entsprach, war die sinkende Schleifleistung aufgrund des niedrigen Ausgangswertes nicht strategiekonform, hier musste entgegengesteuert werden: durch zentrales Eingreifen in die Steuerung wurde der Jahreswert für Schienenschleifen auf etwa 700 km angehoben.

Eine weiterführende Idee aus dem Strategieprojekt hat für eine koordinierte Durchführung dieser beiden Instandhaltungsprozesse sehr gute Wirtschaftlichkeiten nachgewiesen. Daher wurde gleichzeitig mit der Anhebung der Schleifleistung auch die gemeinsame Bearbeitung von nahezu 400 km mit dem MDZ in ein und derselben Gleissperre organisiert.

Es konnte in Versuchen dafür eine gesteigerte qualitative Verbesserung durch gemeinsame Abwicklung in einer Sperre um mehr als die Summe der Verbesserungen in zwei getrennten Sperren nachgewiesen werden. Vom wirtschaftlichen Aspekt wurde durch das Zusammenlegen sowohl der eigene Personaleinsatz, vor allem jener der Sicherungsposten reduziert als auch die Gesamtsperrzeit verkürzt.

Selbstverständlich sind die 400 km für das Jahr der Ersteinführung mit den vorhandenen Maschinen ein sehr ehrgeiziges Ziel. Die Ergebnisse seit der Einführung Ende März dieses Jahres lassen jedoch auf die Erreichung des Ziels hoffen. Durch bessere Abstimmung der eingesetzten Maschinen ist weiteres Optimierungspotential für die nächsten Jahre vorhanden.

8 Wirtschaftliche Auswirkungen des Projekts

8.1 Bestimmung des Basisbedarfs
Jeder Anlagenmanager oder Assetmanager kennt die Vorwürfe über zu teure Instandhaltung. Die Top Down Vorgaben durch die Eigentümer dies zu ändern sind in den verschiedensten Varianten in ganz Europa zu beobachten. Die Schwierigkeit bei Finanzierungsverhandlungen für Fahrweganlagen besteht in der Geduldigkeit der Anlagen, Fehler in der Instandhaltung zu verkraften. Aufgrund der extrem langen Nutzungsdauer der Anlagen treten negative Auswirkungen durch vernachlässigte Instandhaltung nicht sofort auf, beispielsweise wird das Aufschieben von Korrosionsschutz einer Brücke nicht einmal nach 10 Jahren zu deren Sicherheitsgefährdung führen, die Lebensdauer der Brücke ist jedoch unwiderruflich verkürzt worden.

Aus dem Strategieprojekt steht eine große Datenmenge über Instandhaltungsprozesse zur Verfügung. Die einzelnen Prozesse wurden im Hinblick auf deren Zyklen und Kosten optimiert. Da diese Untersuchung für verschiedene charakteristische Strecken erfolgt ist, stehen für diese Normkilometer die Daten differenziert zur Verfügung. Das gesamte Netz der Österreichischen Bundesbahnen konnte diesen Normkilometern zugeordnet werden. Beispielsweise entsprechen 1677 km Gleise des Streckennetzes in deren Belastung und Linienführung dem Normkilometer „Westbahn“, 1279 km dem Normkilometer „Südbahn“ bis hin zu 480 km Normkilometer „Nebenbahn Güterverkehr“ mit reinen Güterzugbeistellungen mit 40 km/h. Diese Hochrechnung auf das Streckennetz wurde differenziert nach Gesamtkosten und Fremdleistung durchgeführt.

Damit wurde es möglich den finanziellen Basisbedarf bei optimierter Instandhaltung unter Voraussetzung eines gleichbleibenden Qualitätsniveaus zu bestimmen und somit Finanzierungserfordernisse besser zu argumentieren.

8.2 Produktivitätssteigerung
Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung der Fahrweg Instandhaltungsstrategien ist die engagierte Mithilfe aller Mitarbeiter und auch ein Verständnis des Bestellers sowie des Eigentümervertreters.

Das erarbeitete Wissen wurde daher in Schulungsprogrammen vermittelt. Im Rahmen dieser Schulungen wurden 300 Mitarbeiter sowohl mit der Erarbeitung der Strategien als auch der Umsetzung in Maßnahmen konfrontiert.

Durch die umfassenden Fahrwegstrategien konnten die Aufwendungen für die Fahrweginstandhaltung seit Mitte der 90er Jahre kontinuierlich abgesenkt werden. Von 1996 bis 2001 hat diese Absenkung 27% betragen. Weiters wurde in demselben Zeitraum die Streckenbelastung in Gesamt-Brutto-Tonnen um mehr als 20% gesteigert, ein Preisindex in der Größenordnung von 9% war zusätzlich zu verkraften. Somit konnte die Produktivität des Fahrweges in den letzten Jahren kontinuierlich gesteigert werden (Abbildung 5). Gleichzeitig mit der Kostenabsenkung und der Produktivitätssteigerung der letzten Jahre wurde die Qualität für unsere Kunden gesteigert, was hier anhand der Anzahl der Langsamfahrstellen gezeigt wird.



Abbildung 5: Produktivitätsentwicklung der Fahrweginstandhaltung der ÖBB

In den Jahren 2000 und 2001 musste der Abbau der Geschwindigkeitseinschränkungen aufgrund fehlender Sachleistungsgelder gestoppt werden. Da es mit Hilfe der vorhin beschriebenen Berechnungen aus dem Strategieprojekt gelungen ist für 2002 wieder die erforderlichen Sachleistungsgelder vom Eigentümer zu erhalten, kann der Weg zur Absenkung der Instandhaltungskosten bei gleichzeitiger Qualitätsverbesserung fortgesetzt werden.

Als Projektleiter der Fahrweg-Instandhaltungsstrategien der ÖBB bedanke ich mich bei allen Fahrwegmitarbeitern, die in den letzten 5 Jahren zur Produktivitätssteigerung von 79% beigetragen haben.

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